Mülheim. . Die neue Awo-Chefin Elke Domann-Jurkiewicz macht sich an die Suche nach neuen Geschäftsfeldern. Ihre Wahl wird von einigen kritisch gesehen.

Die neue Chefin ist bei der Awo (Arbeiterwohlfahrt) ein altbekanntes Gesicht. Seit wenigen Tagen steht Elke Domann-Jurkiewicz (67) an der Spitze des Vorstandes, ein ehrenamtlicher Job, der aber Gewicht hat. Seit Jahrzehnten ist die neue Chefin der Awo nicht nur verbunden, sondern verdiente dort auch ihre Brötchen. Den Arbeitsplatz gab sie auf, um das Ehrenamt übernehmen zu können. Einstimmig gewählt, vermeldete die Awo Anfang der Woche. Doch das stieß einigen übel auf.

Einstimmig war das Ergebnis nicht, es gab einen Gegenkandidaten, den bisherigen stellvertretenden Vorstand Ulrich Schallwig. Der war nominiert und wollte die Spitze übernehmen, hatte sich auch ein stark verjüngtes Team für die Aufgabe zusammengestellt und rechnete damit, dass er der künftige Chef des Wohlfahrtsverbandes in Mülheim wird.

„Der Haussegen bei der Awo hängt schief“

Doch daraus wurde nichts. Kurz vor der Wahl hob Elke Domann-Jurkiewicz die Hand. Mit 14 Ja-, drei Gegen-Stimmen, einer Enthaltung und einer ungültigen Stimme wurde sie gewählt. Schallwig trat sofort zurück. Die 67-Jährige fand schnell weitere Mitstreiter für den Vorstand, darunter ihren Ehemann, der bereits einer der Stellvertreter zuvor war. „Der Haussegen bei der Awo hängt schief“, berichtet ein Mitglied. Elke Domann-Jurkiewicz teilt diese Einschätzung nicht und bedauert, dass Ulrich Schallwig nicht weiter zur Verfügung stand. Von einem Putsch oder dergleichen könne keine Rede sein, betont sie. Schallwig will sich auf Anfrage dieser Zeitung zu den Vorgängen nicht äußern.

Elke Domann-Jurkiewicz, so ist von Kritikern zu hören, stehe für die alte Arbeiterwohlfahrt, die eher auf ein Bewahren setze. Dabei braucht – und darin sind sich alle einig – die Awo nach dem erfolgreichen Insolvenzverfahren neue Ideen, eine Aufbruchstimmung. Mehrfach machte der Wohlfahrtsverband in den vergangenen Jahren negative Schlagzeilen – finanzielle und personelle. Das will die neue Chefin ändern und sieht sich keineswegs als Bremserin.

Aufträge von knapp einer Million Euro fehlen

Die Awo muss kämpfen. 170 Mitarbeiter wollen ihre Arbeitsplätze in den nächsten Jahren gesichert sehen. 500 Mitglieder erhoffen sich sichere Zeiten bei ihrem Verband, der für viele ein Stück Heimat ist. „Wir werden alles daran setzen, dass wir verlorene Aufträge wieder zurückholen, sagt die Vorsitzende. Sie denkt dabei an die Offene Ganztagsschule und die Schulsozialarbeit, wo die Awo stark engagiert war, aber bei den jüngsten Ausschreibungen aufgrund der laufenden Insolvenz sich nicht bewerben durfte. Immerhin geht und ging es dabei um Aufträge von knapp einer Million Euro. „Wir müssen dahin kommen, dass wir in jedem Fall immer eine Null schreiben, besser einen Gewinn machen“, gibt Elke Domann-Jurkiewicz als Ziel aus.

In der Familienbildung, in der Migrationsberatung, in der Fort- und Weiterbildung will die Awo Mülheim versuchen, Geschäftsfelder aufzutun. Der Begegnung- und Servicebereich werde weiterhin eine große Rolle spielen – wie die Schuldnerberatung und die Heime. Könnte Fusion ein Thema werden? Ausschließen will Elke Domann-Jurkiewicz dies nicht. Es sei jedoch kein vorrangiges Ziel. An den derzeitigen Gebäuden will die Awo festhalten. Auch am Geschäftsführer Lothar Fink? Ein klares Bekenntnis gibt die neue Vorsitzende nicht ab, spricht von großen Anstrengungen, die auf allen Ebenen nötig seien.

Fink will verlorene Arbeitsfelder zurückgewinnen

Im Gespräch mit dieser Zeitung betont Fink, dass er alles daran setzen werde, verloren gegangene Arbeitsfelder zurückzugewinnen. Er sei guter Dinge. Der neue Vorstand in dieser Form sei auch am Ende für ihn überraschend gewesen. „Ich komme damit aber gut klar“, sagt er und ist überzeugt mit Elke Domann-Jurkiewicz eine sehr erfahrene Kraft an der Spitze zu haben. Insider glauben, dass es für Fink unter einem anderen Vorstand schwieriger hätte werden können.

Der mögliche andere Vorstand, so sieht es die 67-Jährige, wäre ein Vorstand aus vielen SPD-Mitgliedern gewesen. Gut hätte sie das nicht gefunden, dabei gehört sie selbst der Partei an. „Die Awo ist nicht die SPD.“ Das sei ihr sehr wichtig. Sie stehe allen Menschen offen.

>> ZUR PERSON: ELKE DOMANN-JURKIEWICZ

Elke Domann-Jurkiewicz stammt aus Mülheim. Sie lebt im Dichterviertel. Mehr als 20 Jahre gehört sie der Awo an.

Gelernt hat sie zunächst Krankenpflegerin, später Technische Zeichnerin. Die Arbeit mit älteren Menschen bereitete ihr die größte Freude, sagt sie. Zuletzt arbeitete sie im Awo-Bereich Begegnung und Service.