Mülheim. . Die Investoren wollen den Schornstein und das Kesselhaus auf dem Lindgens-Areal abreißen. Doch nun steht er unter vorläufigem Denkmalschutz.
Vom Gerangel um den Denkmalschutz für Teile der alten Lederfabrik Lindgens am Kassenberg konnten sich Mülheims Lokalpolitiker am Montag ihr eigenes Bild machen. Klar wurde: Die Gräben, die es zu überbrücken gilt, sind weiter tief. Im Mittelpunkt dabei steht der Streit um den Denkmalwert des Kesselhauses samt Schornstein.
Investor SMW will vor Ort rund 200 Wohneinheiten schaffen. Er hatte die Planungspolitiker eingeladen zu einer Führung durch die Gebäude. Pikant: Erst vor wenigen Tagen war die Untere Denkmalbehörde der Stadt, für die Baudezernent Peter Vermeulen die Verantwortung trägt, der Aufforderung des Landschaftsverbandes Rheinland als oberer Aufsichtsbehörde nachgekommen, Teile des Gebäudebestandes unter vorläufigen Denkmalschutz zu stellen. Dazu zählen das viergeschossige Fabrikgebäude samt Turmaufbau, dass direkt an der Düsseldorfer Straße gelegen ist, das anschließende Verwaltungsgebäude sowie jenes Kesselhaus samt Schornstein, den ein Lindgens-Schriftzug ziert.
Dezernent zweifelt Expertise des Gutachtens an
Für Kesselhaus und Schornstein hatte Investor SMW (Sparkasse und Mülheimer Wohnungsbau) noch vor Weihnachten erneut und separat eine Abrissgenehmigung bei der Stadt beantragt. Als Begründung hatte SMW eine gutachterliche Stellungnahme beigefügt, die dem Schornstein einen großen Schaden attestiert, der nur mit unzumutbarem Aufwand zu beheben sei. Das Vermeulen-Dezernat reagierte, ordnete an, den Bereich rund um den Schornstein aus Sicherheitsgründen einzuzäunen.
Vermeulen äußert Zweifel an der Expertise der gutachterlichen Stellungnahme. Die Stadt habe „keinerlei Erkenntnisse“, dass der Schornstein einsturzgefährdet sei. Letzteres bestätigte Gutachter Markus Rost von der Firma Exponent auch, dies bleibe aber ohne aufwändige Sanierung nicht dauerhaft so. Rost berichtete davon, dass der Schornstein aufgrund der Kondensatrückstände von innen zunehmend zerfressen werde, der Fugenmörtel sich zum Teil großflächig gelöst hätte. Damit eine Sanierung von innen durchgeführt werden könne, müsse zunächst ein innen liegender Schacht im schmalen Schornstein rausgenommen werden. Erst dann könne der Mörtel aus dem Mauerwerk so weit rausgekratzt werden, „bis was Tragfähiges gefunden wird“.
Vermeulen setzt auf städtebaulichen Wettbewerb
Investor SMW hält den Erhalt von Kesselhaus und Schornstein weder für wirtschaftlich tragbar noch sei eine sinnvolle Nachnutzung des Gebäudes zu sehen. Baudezernent Vermeulen zweifelt das an. Eine Wand des Kesselhauses dürfe auch unter Denkmalschutz für einen Anbau entfernt werden, im mindestens zehn Meter hohen Gebäude seien Zwischendecken möglich. „Im städtebaulichen Wettbewerb werden schöne Ideen dazu kommen“, ist er sicher.
Vertreter von SPD und CDU stellten sich auf die Seite des Investors. Dieter Wiechering (SPD) als Planungsausschussvorsitzender kann sich vorstellen, dass der Stadtrat die Verwaltung per Beschluss beauftragt, bei der Oberen Denkmalschutzbehörde darauf zu pochen, dass Kesselhaus und Schornstein abgerissen werden können. „Ich kann keinen Grund erkennen, warum dieses Teil hier stehen bleiben sollte. Schornsteine haben wir anderswo genug“, sagte Werner Oesterwind (CDU). Hermann-Josef Stollen (Grüne) hingegen sagte: „Ich denke schon, dass wir hierzu noch den Denkmalschutz hören sollten.“
>> SMW WILL IM FRÜHJAHR MIT ABRISS STARTEN
Jürgen Steinmetz als SMW-Geschäftsführer kündigte an, dass es Ziel bleibe, Ende März, Anfang April mit dem Abriss der Gebäudeteile zu beginnen, die nicht erhalten werden müssen. Dafür werde der Investor in Kürze einen weiteren, dann den insgesamt fünften Antrag auf eine Abrissgenehmigung stellen.
Auch will SMW neuerlich einen städtebaulichen Wettbewerb ausloben. Steinmetz hofft, Wettbewerbsergebnisse noch in diesem Jahr präsentieren zu können. Sie sind nötig, um das Bebauungsplanverfahren in Gang zu setzen, das noch mal rund zwei Jahre dauern dürfte. 2021 könnte dann frühestens gebaut werden.