Mülheim. . Nach über drei Jahrzehnten schließt mit Steffi’s Kinderwelt der letzte Spielwarenladen der Familie Kerner. Inhaber erinnert sich an gute Zeiten.

Weihnachten ist Hochzeit für Spielwarenläden. So zumindest war’s in der Vergangenheit. Mittlerweile machen Online-Händler den Einzelhändlern das Leben schwer. Immer mehr Menschen kaufen ihre Geschenke im Internet. Und so schließt in Saarn tatsächlich nur wenige Tage vor dem einst so lukrativen Fest eines der letzten Traditionsgeschäfte: Steffi’s Kinderwelt.

„Damit geht eine Ära zu Ende“, bedauert Inhaber Jürgen Kerner. Der 68-Jährige, der von sich selbst sagt, er trage das „Spielwaren-Virus“ in sich, ist betrübt: Steffi’s Ende ist nämlich zugleich das Ende einer jahrzehntelangen Familiengeschichte. Diese hatte ihren Anfang genommen in den 50er Jahren am Oemberg. Kerners Eltern – Helga und Heinrich – hatten dort ein Textilwarengeschäft eröffnet und bald darauf auch ein zweites an der Düsseldorfer Straße, in dem Haus, in dem mittlerweile die Spitzweg-Apotheke untergebracht ist. Einige Zeit später zogen Kerners mit ihrem Laden in die Nachbarschaft von Radsport Pütz.

Namensgeberin war Kerners jüngste Tochter Steffi

Sohn Jürgen, gelernter Einzelhandelskaufmann, der 24 Jahre lang in einer Dortmunder Brauerei gearbeitet hatte – „eine Szene, die mittlerweile auch tot ist“ –, übernahm das Unternehmen Anfang der 80er. Und eröffnete parallel dazu ein erstes Spielwaren- und Kinderkleidungsgeschäft an der Düsseldorfer Straße. Namensgeberin war schon damals Kerners jüngste Tochter Steffi – „sie war halt die Kleinste, war noch nicht in der Schule, das passte“, erzählt er.

Mit diesem ersten Laden war der Grundstein für eine besondere Mülheimer Karriere gelegt. In den Folgejahren nämlich kam erst eine Filiale in Kettwig dazu, dann übernahmen Kerner und seine Frau Heidi auch das Traditionsgeschäft Püppchen Jäger an der Wallstraße. „Die Geschäfte liefen wirklich gut; die Wallstraße war damals eine 1 a-Lage.“ Als dann noch das City Center umgebaut wurde, das „Vorzeige-Einkaufszentrum“ Forum entstand, eröffnete Kerner dort einen vierten Laden: auf einer Fläche von 360 Quadratmetern. Kurz darauf bezog er in Saarn eine deutlich größere Immobilie; in dieser befindet sich der Laden noch heute.

1994 war der Höhepunkt der geschäftlichen Aktivitäten

1994 war „der Höhepunkt“ seiner geschäftlichen Aktivitäten, erinnert sich Kerner, der Umsatz habe „einige Millionen Euro“ betragen. „Ich war damals Mülheims bedeutendster Spielwarenhändler. Ich weiß nicht, wie viele Kinder ich zu Weihnachten glücklich gemacht habe.“ Neun Jahre lang war er Vorsitzender der Werbegemeinschaft Forum, „eine wirklich schöne Zeit“. Die Töchter Daniela, Michaela und Steffi mischten immer mit, leiteten zum Teil die Läden.

Dann endete der Hype langsam. Zum Teil aus „internen, wirtschaftlichen Gründen“, zum Teil aus externen: „Der Standort Wallstraße war zum Sterben verurteilt, nachdem man die Parkplätze abgeschafft hatte.“ Der Internethandel kam auf; Geiz ist geil wurde zur Devise. Auch bei Discountern gab es mit einem Mal Kindermode; weniger Leute fragten nach Qualitätsprodukten. Und irgendwann sei’s auch mit dem Forum bergab gegangen. „Billiganbieter zogen ein.“

„Schade, dass der Einzelhandel an Grenzen kommt“

In den vergangenen Jahren konzentrierte sich die Familie daher wieder auf den Standort, an dem alles begonnen hatte: auf Saarn. Er „liebe“ diesen Stadtteil, sagt Kerner, und so sei es „sehr schade, dass der Einzelhandel auch hier an seine Grenzen kommt“.

Der Abschied vom letzten Laden, in dem sich zwischenzeitlich auch die Postfiliale befand, schmerzt. „Für mich ist das zwar nicht so tragisch, mit 68 denkt man schon mal an den Ruhestand.“ Doch für die Töchter – und die Enkelkinder – hätte Jürgen Kerner Steffi’s Kinderwelt schon sehr gern erhalten. „Wir haben über 30 Jahre Energie und Herzblut hier rein gesteckt. Meine Frau war verliebt in Püppchen und ich in Autos – das hat sich wunderbar ergänzt.“