Mülheim. . Im Poker des vorläufigen Insolvenzverfahrens für den Rennverein ist die Stadt Mülheim stille Beobachterin. Teile der Politik werden ungeduldig.
Teile der Politik werfen der Stadtspitze vor, in der verfahrenen Situation um den Mülheimer Rennverein und die Zukunft der Rennbahn nicht mit offenen Karten zu spielen. Dabei könnte es sein, dass die Stadt schon zeitnah und dann Schlag auf Schlag vor die Entscheidung gestellt wird, das Rennbahngelände wieder an sich zu nehmen.
Die Hauptausschuss-Sitzung zuletzt offenbarte, dass die Dezernenten-Riege um Oberbürgermeister Ulrich Scholten derzeit nur wenig bis gar nicht öffentlich Position zur Sache beziehen will. Was verlangt der Insolvenzantrag des Rennvereins der Stadt an Vorbereitung auf einen möglichen Tag X ab? Einen Tag X, an dem der Insolvenzverwalter entscheiden könnte, dass der Rennbetrieb mangels Zukunftsaussicht einzustellen ist. . .
Prüfer: Seit Jahren ist der Verein überschuldet
Indizien für jenes Szenario sind gegeben. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit präsentierte Beteiligungschef Dr. Hendrik Dönnebrink den Mitgliedern des Hauptausschusses einen Prüfbericht zur wirtschaftlichen Lage des Rennvereins. Dessen bilanzielle Überschuldung sei seit Jahren festzustellen, heißt es in dem Papier, das dieser Zeitung vorliegt. Mit 1,54 Millionen Euro steht der Verein bei der Sparkasse in der Kreide. Das Kreditvolumen war noch einmal aufgestockt worden, um der Sparkasse abzuringen, in den Jahren 2016 bis 2018 keinen einzigen Cent tilgen zu müssen. Letztlich belastet dies die Stadt, denn die Sparkasse ist über eine Grundschuld von 1,6 Millionen Euro abgesichert.
„Der Rennverein ist finanziell nicht in der Lage, dauerhaft seine Infrastruktur zu erhalten“, stellt der Prüfbericht einen gewachsenen Investitionsstau fest. Der Substanzverzehr seit 2005 ist demnach enorm. Das Sachanlagevermögen ist von 350- auf nur noch 100 000 Euro runtergewirtschaftet.
Rennbahn-Areal zurück an die Stadt?
Erklärt der Insolvenzverwalter den Rennverein für zahlungsunfähig, könnte die Sparkasse mit dem Rennbahngelände in die Zwangsversteigerung gehen. Das freilich will niemand bei der Stadt. Es gibt im Fall der Insolvenz auch die Option, ein „Heimfallrecht“ geltend zu machen, also das Grundstück wieder in die eigene Hand zu nehmen. Dafür müsste die Stadt indes die Schulden bei der Sparkasse ablösen. Stadtkämmerer Frank Mendack warnt davor, in ein Millionengrab reinzurutschen“. Für eine Rennbahn-Rettung fehlten der Stadt die Mittel.
Was tun? Eine Refinanzierung wäre möglich, würde die Stadt für Teile des Geländes Baurecht schaffen. Trotz Landschaftsschutz halten sich seit Längerem Überlegungen, an den Rändern Gewerbe- und Wohnbauflächen zu schaffen. Im Hauptausschuss wies Planungsdezernent Peter Vermeulen barsch eine Anfrage des Bürgerlichen Aufbruchs (BAMH) ab, ob die Verwaltung denn prophylaktisch derlei Planungen in Angriff genommen habe. Mehr als ein „Nein“ war Vermeulen nicht bereit zu erwidern.
Politiker fordern Masterplan für das Gelände
Dabei ist aus politischen Kreisen zu vernehmen, dass solche Pläne schon mal im Haus der Wirtschaft kursiert seien. Das bestätigte Wirtschaftsförderer Jürgen Schnitzmeier am Montag. Er schränkte jedoch ein: Aufgrund der Gewerbeflächennot habe sich die Wirtschaftsförderung mit IHK und Unternehmerverband 2014 „jeden Quadratmeter“ der Stadt angeschaut, um Potenzialflächen ausfindig zu machen. So auch das Rennbahn-Gelände, das aufgrund seiner guten Verkehrsanbindung und Nähe zum Rhein-Ruhr-Hafen geeignet erscheine. Wegen der langfristigen Pachtverträge „fiel die Fläche damals aber raus“, so Schnitzmeier.
BAMH-Fraktionschef Jochen Hartmann fordert neue Planungen. Er forderte die Verwaltungsspitze auch auf, sich intensiver mit den komplizierten Rechtsverhältnissen rund um Rennverein und Golfclub auseinanderzusetzen. Rechtsdezernent Dr. Frank Steinfort sagte, die Stadt tue das bereits. „Aber im Moment gibt es keinen Grund zu handeln, es ist in der Hand des Konkursverwalters.“
Mit dem, so bestätigt Kämmerer Mendack, stehe die Verwaltungsspitze bereits in Kontakt: „Wir müssen abwarten, weil noch nicht klar ist, wie der Insolvenzverwalter die Sache bewertet.“