Mülheim. . Buddha trifft Sardinendose: Ausgefallene Produkte, Eigenkreationen und drei besondere Kulissen – eine Tour über die Adventsbasare in der Stadt.
Das Unschuldslamm friert, vor einem kleinen lodernden Feuer wärmt sich Anja Müller aus Recklinghausen ein wenig auf. Früher noch zu Besuch auf der Broicher Schlossweihnacht, verkauft sie dort nun selbst als mittelalterliche Händlerin seit ein paar Jahren reine Schurwolle. Ihr Spitzname ist Programm geworden, das Geschäft auf den Märkten gehe recht gut, wenn es nicht gerade richtig ungemütlich oder bitterkalt sei, berichtet die Frau. „Eingehüllt in mittelalterliche Klamotten lässt es sich sehr gut aushalten“, erklärt sie. Wer als Besucher zu dünn angezogen ist, wird auf dem Markt mit historischer Handwerkskunst schnell fündig.
Nicht nur das Mittelalter, auch die Eiszeit ist vertreten. Glaubt man zumindest einer Händlerin, die handgemachte Okarinas – kleine Schnabelflöten – in Form von Minions an den Mann bringt. „Na ja, die Minions sind doch eigentlich uralt und werden in dem Film von Mammuts gejagt“, erklärt sie mit einem Grinsen. Original mittelalterlich sind aber immerhin ihre Maultrommeln aus Vietnam, Dan Moi genannt. Nach einem Glas heißen Met und einer Stärkung mit byzantinischem Gebäck sowie grünem und rotem Käse geht’s weiter zur nächsten Station.
Urige Kulisse beim Adventsmarkt in der Altstadt
Beim Adventsmarkt in der Altstadt ist etwas mehr los, die Atmosphäre ist dank der Kulisse einfach urig. Neben den klassischen Buden haben sich sogenannte Pop-Up-Stores etabliert. Etwa das der Sattlerin Martina Müller, die sich für die Dauer des Marktes in Schulzes Bauernladen am Hagdorn eingemietet hat und ihre handgefertigten Taschen veräußert. Ausgefallene Pappmaché-Engel auf High Heels mit sehr schrägen Frisuren hat sie auch im Programm, die sie im Auftrag ihrer Schöpferin Renate Karthäuser vertreibt.
Ein paar Meter weiter steht Julian Schick, Inhaber des Mülheimer Unternehmens Good Moods. Der gelernte Grafikdesigner hat sich einen mobilen Ladencontainer gemietet und präsentiert darin die von ihm entwickelten bunten Textil-Lichterketten. „Eine kleine Bude wäre für mich nicht geeignet, da ich Platz für die Präsentation der Ware benötige“, sagt er. Und so steht das Mini-Geschäft mitten drin im Geschehen rund um die Kettwiger Straße und passt irgendwie gut dort hin.
Eierbecher mit Nadelkissen, ein „Buddha bei die Fische“
Ein kleiner Gang führt in den begehbaren Hinterhof der Familie Büker-Lautenschläger. Viele Anwohner haben sich wieder beteiligt und das ist das Besondere an diesem Adventsmarkt. Ob Eierbecher mit Nadelkissen, gefilzte Eicheln oder ein „Buddha bei die Fische“ – ein kleines Holzbrett zum Aufhängen, auf dem ein Buddha in einer Sardinendose sitzt – die Produkte der Anwohner und Aussteller sind kreativ und ausgefallen.
Wer seinem persönlichen Garten-Eichhörnchen ein angenehmes Winterquartier beschaffen möchte, wird am Stand der Arbeiterwohlfahrt mit einem speziellen Futterhaus fündig. Hinter einer kleinen Klappe kann sich das Nagetier bedienen und die Vögel nehmen die Beute nicht weg. Neben Insektenhotels fertigen Teilnehmer des Zentrums für Arbeit und Rehabilitation (Azur) besondere Produkte aus Holz oder selbst gemalte Weihnachtskarten.
Schiffsweihnacht: Der Trend zum Selbermachen
„Do it yourself“ – der Trend ist ungebrochen. Das zeigt sich deutlich auf der Mülheimer Schiffsweihnacht. Dort geht es etwas beschaulicher zu. Von Weitem glitzern die Lichter der drei Schiffe der Weißen Flotte auf der Schleuseninsel. Die Klänge des Gri Jazz Trios passen zur winterlichen Stimmung. Ein kalter Wind weht herüber, Zeit für einen „berühmten Glühwein“. Warum der so heißt, verrät die Mitarbeiterin nicht, aber er schmeckt und wärmt auf. Schön muckelig ist es an Bord.
Drei Studenten von der Fontys-Universität aus Venlo verkaufen selbst gemachte Untersetzer aus Kork, die sie mit Mustern aus Sprühlack versehen haben. „An unserer Uni wird praxisorientiert gelehrt, neben der Theorie planen wir unsere eigene Geschäftsidee und versuchen, es innerhalb von zwei Semestern unter Beweis zu stellen“, erklären sie. Dabei veräußern sie ihre Produkte auf verschiedenen Kreativmärkten in der Region.
Warenvielfalt auf den Weihnachtsmärkten
Die meisten Händler auf den Schiffen reisen herum, so auch ein Ehepaar aus Marl. Alles sei selbst gemacht, erklärt der Rentner. Besonders stolz ist er auf die bemalten Hufeisen seiner Enkeltochter. Auf reges Interesse stößt bei einigen Besuchern mit Fußballaffinität die größte Konstruktion, welche ganz in Blau und Weiß gehalten ist. Die beiden Farben haben auch Michaela Hasen aus Duisburg-Huckingen inspiriert. „Vater Rhein“ heißt eine Kreatur aus Pappmaché, die sie aus altem Fundmaterial kreiert und schmückt. Die Basis dafür sind alte leere Reinigungsflaschen mit Henkel, die sie dann umwickelt und Figuren daraus formt. So steht die „Aufschneiderin“ neben einem „Highspeed-Schutzengel“ oder „Hans im Glück“.
Die richtige Idee zum richtigen Zeitpunkt haben, darauf komme es bei der Warenvielfalt auf den Weihnachtsmärkten an, meint sie. Sei es der Kabelbinder aus Filz für Nutzer von mobilen Endgeräten oder das Light-Bag aus Stoff und Kofferband – eine leichte Umhängetasche mit langem Gurt für Hundeliebhaber oder Spaziergänger, die einfach Platz für Kleinigkeiten wie Leckerlis, den Schlüsselbund oder eine Packung Tempos brauchen.
Die drei Mülheimer Adventsmärkte bieten für jeden, der kein Weihnachtsgrinch ist, schöne Momente, kulinarische Erlebnisse und besondere Produkte.
>> SO GEHT ES WEITER IM ADVENT
Schlossweihnacht: 8. bis 10. und 15. bis 17. Dezember. Fr. von 17 bis 21 Uhr, Sa. von 13 bis 21 Uhr, So von 11 bis 20 Uhr. Erwachsene: 6 Euro. Kinder bis 14: 3 Euro. Familienkarte: 15 Euro. Kinder unter Schwertmaß frei.
Adventsmarkt: bis 17. Dezember, Di. bis Fr. von 16 bis 20 Uhr, Sa. und So. 14 bis 20 Uhr.