Mülheim. . Nach Diesel-Gipfel gehen Fördermittel des Bundes nach Mülheim. Ein Masterplan soll entstehen. Im Fokus steht die stark belastete Aktienstraße.
Auch wenn OB Ulrich Scholten nicht am jüngsten Diesel-Gipfel teilnahm, geht Mülheim nicht leer vom Tisch. Mit 208 000 Euro Fördermittel vom Bund will die Ruhrstadt nun einen Masterplan für emissionsfreie Mobilität erstellen. Im Fokus ist dabei die stark belastete Aktienstraße.
Von Tempo 30 bis hin zum Umbau der wichtigen Mülheimer Verkehrsader zur Einspurigkeit für jeweils Auto und Rad sowie hin zur verstärkten Kontrolle von LKW-Fahrverboten gehen die Vorschläge der Stadt. Quasi auf der Überholspur hatte die Verwaltung im Oktober der Politik einen ersten Reigen von Ideen vorgestellt.
127 Messstellen gibt es in NRW
Nun sollen diese Ansätze auf Machbarkeit und Effizienz geprüft werden. 208 000 Euro stehen der Stadt für das Konzept inklusive Gutachten zur Verfügung. Denn auch Mülheim zählt zu den Städten, in denen die zulässigen Grenzwerte für das gesundheitsgefährdende Stickstoffoxid regelmäßig überschritten werden. Besonders gilt dies für die Aktien- und die Kölnerstraße, wo Messstationen stehen. 127 solcher Messstellen gibt es in NRW, an gut der Hälfte sind die Werte zu hoch.
Kurios dabei: Der Mobilitätsmasterplan wird zwar vom Bund zu 100 Prozent gefördert, die anschließende Umsetzung allerdings steht auf einem anderen Papier. Das gibt viel Anlass zur Kritik, wie ernsthaft die entwickelten Lösungen verfolgt werden können: „Nach unseren Informationen im Bund werden die Maßnahmen nur zu 50 Prozent gefördert. Das heißt, der Rest muss von der Kommune getragen werden“, kritisiert die Mülheimer Grüne, Brigitte Erd. „Wie soll unsere finanziell am Tropf hängende Stadt das hinbekommen?“ Aus Sicht der Grünen müsse die Umsetzung auch für klamme Kommunen möglich gemacht werden, notfalls indem man die Fördertöpfe aufstockt. Ohnehin komme die Autoindustrie – sie ist am Milliardengipfel mit 250 Millionen beteiligt – viel zu billig davon.
„Aktuell keine klaren Förderrichtlinien und Fördersätze“
Klaus Beisiegel, Dezernatsreferent für Umwelt, Planen und Bauen, sieht indes noch keinen Anlass zur Kritik: „Es gibt aktuell keine klaren Förderrichtlinien und Fördersätze.“ Beisiegel hält es daher für möglich, dass arme Städte bei der Umsetzung sogar mit bis zu 100 Prozent gefördert werden. „Wir müssen Schritt für Schritt handeln und können uns die Chance, die Mobilität emissionsfrei zu gestalten, nicht entgehen lassen.“ Ihm ist allerdings auch bewusst: Selbst bei einer Förderung von 90 Prozent durch den Bund können Projekte platzen, weil die Kommune die Eigenmittel nicht aufbringen kann. Der Masterplan droht so zum Papiertiger zu werden.
Urteil zu Fahrverboten steht an
Mit einer Planungszeit von einem bis anderthalb Jahren rechnet der Dezernatsreferent. Es ist Zeit, die die von Stickoxiden stark belasteten Kommunen nicht mehr haben. Denn bereits zum Jahresbeginn 2018 erwarten die Städte das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu Fahrverboten in Stuttgart und Düsseldorf. Dies wird Auswirkungen auf Städte wie Mülheim, Oberhausen und Essen haben, in denen an bestimmten Straßen die Grenzwerte für Stickstoffoxid regelmäßig überschritten werden. Die Bezirksregierung Düsseldorf hält schon jetzt Diesel-Fahrverbote in betroffenen Städten für unumgänglich.
>> GRÜNE SETZEN AUF WENIGER VERKEHR
Die Grünen hoffen, ein Fahrverbot vermeiden zu können – „es würde zum Beispiel das Handwerk belasten“, meint Brigitte Erd. Damit wird ein Tempo 30 etwa auf der Aktienstraße als Alternative zum Verbot immer wahrscheinlicher. Erd: „Perspektivisch geht es darum, die Mobilität in Richtung weniger Verkehr zu verändern.“