Mülheim. . Land streicht 40 Millionen Euro Fördermittel. Grüne, Linke, SPD kritisieren: Kommune kann Fehlbetrag nicht ausgleichen. 3400 Mülheimer nutzen es
- Mülheimer Politik reagiert mit scharfer Kritik auf geplante Kürzung der Zuschüsse
- Gerade arme Kommunen können Fehlbetrag nicht ausgleichen
- In Mülheim gibt es 2017 durchschnittlich 3400 Nutzer, ihre Zahl steigt seit Jahren an
Ist dies das Ende des Sozialtickets in Mülheim? Mit scharfer Kritik nehmen Teile der Mülheimer Politik die geplante Kürzung der Zuschüsse durch die schwarz-gelbe Landesregierung zur Kenntnis. „Das ist das faktische Aus für ein Erfolgsmodell“, sagt die grüne Sozialexpertin Ingrid Tews, denn die Kommune könne den Fehlbetrag angesichts der desolaten Haushaltslage nicht ausgleichen.
Ähnlich kritisieren auch die Linken das Abschmelzen der Fördermittel zunächst von 40 auf 35 Millionen, ab 2019 auf 20 Millionen und schließlich 2020 auf Null. „Menschen, die sich weder ein Auto noch ein normales ÖPNV-Ticket leisten können, wird die Teilhabe an der Gesellschaft verwehrt“, plädiert Andrea Mobini, Kreissprecherin der Linken, ohnehin für ein umlagenfinanziertes Ticket für bedürftige Menschen. Denn das Sozialticket für derzeit 37,80 Euro sei angesichts des Hartz 4-Mobilitätssatzes von 25,77 Euro bereits zu teuer.
300 000 Menschen in NRW nutzen das Sozialticket
300 000 Menschen in NRW nutzen das Sozialticket und sind von den Einsparungen betroffen, darunter ALG II-Empfänger, Aufstocker und Rentner, die am Existenzminimum leben. In Mülheim gibt es 2017 durchschnittlich 3400 Nutzer. In den vergangenen vier Jahren hat sich ihre Zahl stetig gesteigert: von 2200 (2014) auf 2600 (2015) und 3000 (2016).
Als Erfolgsmodell bezeichnet daher auch Dieter Spliethoff, Fraktionsvorsitzender der Mülheimer SPD, die Entwicklung des ermäßigten Fahrscheins. Noch vor Wochen hatte sich die SPD wie auch der Rat der Stadt einstimmig hinter die kommunale Forderung gestellt, das Sozialticket mit Landesmitteln abzusichern. „Die geplante Streichung der Mittel ist eine Katastrophe und zeigt, dass die neue Landesregierung an sozialer Gerechtigkeit nicht interessiert ist.“
SPD: Einige Menschen können sich Mobilität nicht leisten
Das Ende der Förderung müsse nicht das Aus des Tickets bedeuten, so heißt es in einer Stellungnahme vom Land. Es stehe den Verkehrsverbünden frei, das Sozialticket weiterzuführen beziehungsweise anzubieten. Für Spliethoff klingt das wie Hohn. Seine Sorge: Künftig könnte sich die Zahl der Schwarzfahrer deutlich erhöhen, weil Mobilität zwar gefordert sei, aber einige Menschen sich diese nicht mehr leisten können.
Bernd Dickmann (CDU) sieht kein Ende des Sozialtickets: „Man muss Ende 2019 darüber reden, wie die Kosten zwischen Verkehrsbetrieben, Kommunen, Land fair zu verteilen sind.“ Mögliches Szenario: Kosten werden über eine allgemeine Preiserhöhung kompensiert.