Mülheim. . Schüler der Luisenschule proben Herzdruck-Massage im Takt der BeeGees. Die Woche der Wiederbelebung soll Hemmschwellen bei Notfällen abbauen.

Louisa und Finja sind aus der Puste. Drei Minuten lang haben die Zwölf- und Dreizehnjährigen mit durchgedrückten Armen den Brustkorb ihrer Plastikpuppe immer wieder kräftig niedergepresst und den Rhythmus der Wiederbelebung eingeübt zum Beat der Bee Gees: „Ah-ah-ah-ah, stayin’ alive!“

Makaber mag manchem die Songauswahl vorkommen, aber die Gibb Brüder haben jenseits der schrägen Semantik nunmal den geborenen Groove zum Leben. Drei Minuten müssen die Schüler der Luisenschule den strammen Takt der Herzdruck-Massage durchhalten, „damit im Ernstfall der Sauerstoff mit dem Blut bis ins Gehirn transportiert wird“, erläutert Andreas Johann, Sachgebietsleiter des Mülheimer Rettungsdienstes, den Sinn der Übung.

Rettungswagen braucht im Schnitt acht Minuten

In der Realität kann es sogar fast drei Mal so lang dauern, denn ein Rettungswagen braucht im Durchschnitt gut acht Minuten bis zur Unfallstelle. Bis dahin heißt es: Pressen und pressen und pressen. Immer schön aus der Hüfte heraus, wie Travolta auf dem Dancefloor.

Ob dabei Rippen gebrochen werden, spielt vergleichsweise keine Rolle, meint Susanne Funke vom Evangelischen Krankenhaus. Wichtiger ist, dass keine schweren Hirnschäden zurückbleiben wegen eventueller Unterversorgung mit Sauerstoff, weil das Herz nicht mehr pumpt – die so genannte „No-Flow-Time“.

Hemmschwellen abbauen

Jede Minute zählt im Notfall, ganz häufig vergeht zu viel Zeit, bis Menschen sich um den Betroffenen kümmern. Die „Woche der Wiederbelebung“ soll das ändern: „Wir wollen Hemmschwellen abbauen und möglichst jungen Menschen das Rüstzeug zur Wiederbelebung beibringen“, sagt Funke.

Dazu werden auch die lebensrettenden Maßnahmen reduziert: kein Überstrecken des Halses, keine Mund-zu-Nase-Beatmung wie viele es im Rahmen der Führerscheinprüfung kennen – hauptsache Sauerstoff versorgt den Körper.

Video stimmt auf Übung ein

400 Schüler werden am Dienstagvormittag im 15-Minuten-Rhytmus von elf Helfern aus verschiedenen Organisationen trainiert. Ein Video mit Comedian Kaya Yanar stimmt in der Aula der Luisenschule auf die anschließende Übung mit dem Plastik-Oberkörpern ein. Erstens: Laut ansprechen und rütteln. Zweitens: Hilfe über das Handy anrufen oder Passanten ansprechen, weist Rettungsdienstler Johann an. Dann stimmen die BeeGees an, die lebensrettende Arbeit geht los.

Louisa und Finja finden das zwar anstrengend, „aber besser ist das – falls etwas passiert“. Hemmung hat Finja dabei nicht, denn „meine Mutter ist Krankenschwester“. Und wer sich dennoch am Sound der BeeGees stört, für den hat Andreas Johann sogar eine Alternative: „Highway to hell“.

Plötzlicher Herztod ist häufigste Todesursache

Der plötzliche Herztod ist eine der häufigsten Todesursachen in Deutschland. Die Helferquote ist dennoch alarmierend gering.

Viele Rettungsorganisationen sind an der Woche der Wiederbelebung beteiligt, unter anderem das DRK, die Berufsfeuerwehr, Johanniter, Malteser, der Mülheimer Rettungsdienst, das St. Marien-Hospital und das Ev. Krankenhaus.

Infos: www.einlebenretten.de