Mülheim. . Der fusionierte Verkehrsbetrieb „Ruhrbahn“ muss vor allem zusätzliche Fahrgäste gewinnen, um Einnahmen zu steigern. Bisher kein Personalabbau.
- Die neue Ruhrbahn für Essen und Mülheim geht am 1. September an den Start
- Die neue Verkehrsgesellschaft muss nun unter Beweis stellen, dass sie ihre ehrgeizigen Ziele erreichen kann
- Gestartet ist sie mit riesigen Problemen, mit einem Schwund an Fahrgästen und Protesten von Kunden
Die neue Ruhrbahn geht am 1. September an den Start. Für Fahrgäste soll sich mit der neuen Firma nichts ändern. Sie sollen wie gewohnt mit Bahnen und Bussen fahren und auf den Service des Personals bauen. Hinter den Kulissen der neuen Nahverkehrsgesellschaft für Mülheim und Essen ist zwar viel passiert. Mehr Fahrer und weniger Verwaltungspersonal gibt es aber bisher nicht. In manchen Werkstätten fehlt der Schwung. Die Fahrgastzahlen steigen in Mülheim kaum, in Essen sinken sie seit Jahren. Keine guten Startbedingungen.
Das leuchtende Gelb bleibt. „Die Logos der MVG (Mülheimer Verkehrs-Gesellschaft) und Evag (Essener Verkehrs AG) werden jetzt gegen das neue Ruhrbahn-Emblem getauscht. Damit wird die neue Marke in den Städten Mülheim und Essen sichtbar“, sagt Unternehmenssprecherin Simone Klose.
Via-Verbund war vor den Prellbock gefahren
„Die Ruhrbahn ist ein vollintegriertes und zukunftsfähiges Unternehmen mit einer Geschäftsführung, einem Aufsichtsrat und einem Betriebsrat“, so die Eigenwerbung. Um diesen Startplatz zu erreichen, benötigten Aufsichtsbehörde, Politiker, Betriebsleiter sowie Mitarbeiter von MVG und Evag 14 Jahre. Wie flott die Ruhrbahn die ihr verordneten Ziele erreicht, muss sie nun zeigen – mit fast gleichem Führungspersonal.
Vorher fuhr bereits die Via-Verkehrsgesellschaft (MVG, Evag, DVG) vor den Prellbock, weil Duisburg ausgestiegen ist. „Die Ruhrbahn ist nur die kleinste mögliche Nahverkehrs-Fusion im westlichen Ruhrgebiet“, sagt Arno Klare. Der SPD-Bundestagsabgeordnete hat sich stets für die Fusion der vier Betriebe in Mülheim, Essen, Duisburg und Oberhausen und weiterer Nachbarn eingesetzt. Das scheiterte an Befindlichkeiten und Feindschaften der Geschäftsführer und einiger Aufsichtsräte. Klare, Regierungspräsidentin Lütkes (Kommunalaufsicht) und Oberbürgermeister konnten diese sturen Strukturen bisher kaum aufbrechen.
Fahrgastzahlen der Evag sind kräftig gesunken
Für Kirchturmdenken und Beharren in Machtstrukturen hat die Evag in den vergangenen Jahren die Quittung erhalten. Von Ende 2012 bis Ende 2016 verlor die Evag 3,48 Millionen Fahrgäste. Solche satten Verluste weist die Mülheimer Verkehrs-Gesellschaft nicht aus. In 2016 stiegen 25,27 Millionen Kunden ein. Gegenüber 2013 ist das ein mageres Plus von 6136 beförderten Personen. „Dafür fährt der Betrieb in anderen Abteilungen reichlich Miese ein“, sagen Ratsmitglieder.
Ihre Verlust-Notbremse – seit Januar auf allen Straßenbahnlinien 15-Minuten-Takt – wird wohl das Gegenteil von erhofften Einsparungen erreichen. Fahrgäste protestieren immer noch. Kursausfälle – am Sonntagmittag wieder auf der Linie 102 in Broich, letzten Mittwochabend auf der Linie 133 nach Saarn – bringen auch keinen Vertrauenszuwachs. Reserve-Fahrer fehlen noch immer.
Pünktlichkeit, ein klarer Zehn-Minuten-Takt auf den Hauptlinien und Verlässlichkeit – das wollen Fahrgäste. Nur wenn das klappt, steigen sie wieder ein und werben so neue Kunden.
>> MÜLHEIMER BAHNEN HELFEN IN ESSEN AUS
Die Fusion trägt bereits Früchte. Weil wegen Bauarbeiten auf der Aktienstraße und der Thyssenbrücke zwei Straßenbahnlinien nur eingeschränkt fahren, sind Mülheimer Bahnen jetzt in Essen unterwegs und ersetzen dort beschädigte Fahrzeuge.
Blieben die Bahnen im MVG-Depot stehen, müssten in Essen Ersatzbusse fahren. Die 86 neuen Diesel-Busse wurden bereits vor dem Abgas-Skandal bestellt.