Mülheim. . Die Klimainitative hat im Medienhaus eine Tauschbox für Saatgut installiert. Hier kann man selbst gewonnene Samen abgeben und andere mitnehmen.
Lisette ist dabei und auch der Red Giant, der rote Gigant, – vielversprechende Namen, die nicht nur gut klingen, sondern irgendwann auch gut duften oder gut schmecken. Denn bei Lisette handelt es sich um eine Phazelie, ein besonders bienenfreundliches Raublattgewächs, Red Giant ist eine Sorte des Asia-Salates. Saatgut von beiden Gewächsen – und vielen anderen wie Sonnenblumen und Ringelblumen – findet man in der Saatgut-Tauschbox, die die Mülheimer Klimainitiative im Medienhaus aufgehängt hat. „Das Angebot wird gut angenommen“, sagt Anika Füger von der Klimainitiative, die die Idee zu der Tauschbox für Saatgut hatte.
Installiert wurde der hölzerne Behälter bereits im März, zur Nacht der Bibliotheken. Jetzt aber, mitten im Sommer, gehe es erst richtig los mit dem Saatgut. Denn, so erklärt Anika Füger, bei sommerlichem Wetter ließen sich Samen besonders gut ernten, trocknen und in Tütchen verpacken. Ihr Tipp zur Verpackung: Alte Briefumschläge, die man an der Seite anstatt oben geöffnet hat – dort kann man die Samen einfüllen und den Briefumschlag beschriften mit dem Namen der Pflanze und ihrer Herkunft. Das Projekt der Klimainitiative, Saatgut zu teilen und zu tauschen, stehe unter dem Motto „Nimm – Gib – wie es gerade passt.“
Saaten sollten samenfest sein
Mitgebracht zur Saatgut-Tauschbox sollten aber nur Saaten, das samenfest sind, sich also weitervermehren und nicht ihre Eigenschaften verloren haben wie Hybrid-Züchtungen oder durch Gentechnik veränderte Sorten, betont Anika Füger. Allerdings müsse, wer selbst Pflanzen aus Samenkörnern ziehen will, Geduld mitbringen. „Man gewinnt ein anderes Zeitgefühl und einen neuen Blick auf Saisonalität“, sagt Anika Füger. Pflanzensorten zu erhalten – gerade regionale – sei ein Beitrag zum Klimaschutz, erläutert die Projektorganisatorin und führt weiter aus: „Sortenerhalt fördert die genetische Vielfalt und erhöht so die Chancen, resistente und an die Region angepasste Sorten zu erhalten, die mit den Folgen des Klimawandels besser zurecht kommen.“
Zugleich werde so ein Beitrag zur Biodiversität geleistet, die Vielfalt der Arten gefördert. „Die Stadt wird plötzlich interessant, denn durch die Monokulturen in der Landwirtschaft kommt es dort zu Verödung. Hier wird kleinteilig angepflanzt – mit vielen verschiedenen Sorten.“ Komme es zum Klimawandel, sei mit vielen Sorten die Chance größer, dass mehr davon sich an die neuen klimatischen Gegebenheiten anpassen.
Saatbuch-Gewinnungsbuch
Direkt gegenüber der Saatgut-Tauschbox in der zweiten Etage der Stadtbibliothek reiht sich ein Gartenbuch an das nächste. Praktischerweise ist der Standort so gewählt, das Hobby-Gärtner und solche, die es werden wollen, gleich auch die entsprechende Literatur finden. „Wir habe auch ein Saatgut-Gewinnungsbuch angeschafft“, berichtet Claudia vom Felde, die Leiterin des Medienhauses. Ideengeberin Anika Füger gefällt die Vernetzung: „Eine Bibliothek ist schließlich ein Ort, an dem man Wissen teilt. Beim Saatgut geht es auch um Wissen – altes Wissen, das leider vielfach verloren gegangen ist.“ Wer Saatgut teilt, beteilige sich daher an wichtiger Basisarbeit, sagt die Kulturwissenschaftlerin und erinnert: „Früher ging sowas über den Gartenzaun, sowohl Saatgut als auch Wissen wurden so geteilt.“ Und so funktioniert auch die Box im Medienhaus als Treffpunkt und Wissensaustausch.
Familien mit Kindern kommen
„Es sind vor allem jüngere Leute und Familien, die hier Samen tauschen“, hat Medienhaus-Chefin Claudia vom Felde beobachtet. Kinder sollten wieder lernen, woher ihr Essen kommt. Günstig, dass die Kinderbücher auf der selben Etage untergebracht sind. Und so schließt sich der Kreis. Nicht nur die Kinder sind die Sprösslinge – auch das Saatkorn. Anika Füger: „Mit dem Saatkorn geht doch alles los.“
Saatgut abholen und neues mitnehmen
Die Saatgut-Tauschbox in der zweiten Etage der Stadtbibliothek ist zugänglich während der Öffnungszeiten: Montags bis freitags 10 bis 18.30 Uhr sowie samstags von 10 bis 14 Uhr.
Es liegen kleine, selbstgefaltete Tütchen bereit, in die man sich Saatgut aus den größeren Umschlägen abfüllen kann.