Mülheim. . Anders als sein Vorgänger plant Mülheims Kämmerer Frank Mendack, Zinsen für Liquiditätskredite im großen Stil für zehn Jahre abzusichern.
- Mülheims neuer Kämmerer setzt in Kreditbewirtschaftung stärker auf die Minimierung des Zinsrisikos
- In den nächsten Jahren sollen für rund eine halbe Milliarde Euro Zehn-Jahres-Verträge abgeschlossen werden
- Das soll verhindern, dass die Teilnahme am Stärkungspakt durch Zinssteigerungen überbordend belastet wird
Mülheims neuer Stadtkämmerer Frank Mendack will die städtische Finanzbewirtschaftung nur ein paar Monate nach seinem Dienstantritt offenbar grundlegend anders ausrichten. Nach Jahren relativer Zurückhaltung strebt Mendack auch mit Blick auf die Teilnahme am Stärkungspakt an, das im Milliardenberg an Liquiditätskrediten brodelnde Risiko steigender Zinsen zu minimieren. Er sagt: „Ich möchte keine Wetten auf die Zinsentwicklung machen.“
Dem Vernehmen nach hat der Finanzausschuss in seiner jüngsten Sitzung bei Enthaltung der CDU einem entsprechenden Beschlussvorschlag des Kämmerers zugestimmt. Das Ziel: Bis zum Jahr 2021 sollen für die Hälfte der städtischen Liquiditätskredite möglichst zehnjährige Laufzeiten mit Kreditgebern verhandelt werden. Die schon länger andauernde Niedrigstzinsphase soll nun doch intensiver genutzt werden, um längerfristig die Zinssätze zu sichern.
Erstmals ein Milliardenberg
In einem neunseitigen Papier zu seinem Vorhaben, das dieser Zeitung vorliegt, zeigt Mendack auf, dass ihm insbesondere mit Blick auf die Teilnahme am Stärkungspakt mit seinen strikten Vorgaben zur Haushaltskonsolidierung daran gelegen ist, die Zinsbelastung über die kommenden Jahre so stabil wie möglich zu halten. Zum vergangenen Jahreswechsel türmte sich erstmals ein Milliardenberg jener Kassenkredite auf, mit Hilfe derer die Stadt überhaupt noch in der Lage ist, ihre laufenden Ausgaben zu bestreiten.
1,021 Milliarden Euro allein dieser kurzfristigen Kredite lasten auf der Stadt. Jede Zinsverschlechterung um einen Prozentpunkt, so Mendack im besagten Papier, werde rund 10 Millionen Euro kosten – und die müssten, um den Vorgaben der Landeshilfe aus dem Stärkungspakt zu genügen, durch Sparmaßnahmen an anderer Stelle kompensiert werden. Hieße: Die Politik würde genötigt, unliebsame Streichpakete zu schnüren. Zehn Millionen Euro wären schmerzhaft, denn sie müssten wohl durch Kürzungen bei freiwilligen Leistungen zusammenkommen. Und da hat sich die Politik schon in den vergangenen Jahren extrem schwer getan, zudem war der öffentliche Protest stets groß, man denke nur an die Schließungspläne für das Naturbad oder das Kunstmuseum.
Niedrigstzinspase zur Risikominimierung nutzen
Mendack will für seine Haushaltsplanung jene Risiken minimieren, die sein Vorgänger Uwe Bonan überwiegend in Kauf genommen hat. Bonan hatte sich im Juni 2014 von der Politik lediglich ermächtigen lassen, in einem Volumen von 100 Millionen Euro Liquiditätskredite auf bis zu zehn Jahre lange Laufzeiten umzubauen, um die Niedrigstzinspase zur Risikominimierung zu nutzen.
Dabei hat das NRW-Innenministerium bereits Ende 2014 die Umwandlung kurzfristiger Kassenkredite der Kommunen in längerfristige Verträge freigegeben. Erlaubt ist es Städten und Gemeinden seither, für die Hälfte ihres Bestandes an Krediten zur Liquiditätssicherung Zinsvereinbarungen mit einer Laufzeit von bis zu zehn Jahren zu treffen. Ein weiteres Viertel des Kreditbestandes darf mit einer Laufzeit von fünf Jahren belegt werden.
Mit einer Erhöhung des Leitzinses wird gerechnet
Nun drängt in Mülheim die Zeit. Des Kämmerers Angst, Zinssteigerungen könnten die Stärkungspakt-Teilnahme extrem belasten, ist nicht unbegründet. Es wird längst spekuliert, dass die Leitzinsen steigen. So berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung noch am Dienstag, dass Teilnehmer an den Geld- und Anleihemärkten im kommenden Jahr mit einer Erhöhung des Leitzinses rechnen.
Zum Jahreswechsel 2017/18 aber wird die Stadt Mülheim noch fast eine halbe Milliarde kurzfristiger Liquiditätskredite mit sich rumschleppen, für die im Laufe des Jahres 2018 neue Kreditverträge abzuschließen sind – zu dann möglicherweise höheren Zinsen. „Es ist wichtig, deutlich mehr zu machen als bisher“, so Mülheims neuer Kämmerer mit Blick auf seinen Stufenplan zur Zinssicherung.