Mülheim. . Seit im Sommer 2015 die Flüchtlingswelle nach Mülheim schwappte, registrierte die Polizei vier rechtsextreme Vorfälle im Umfeld von Unterkünften.
- Seit Sommer 2015 zählt die Polizei in Mülheim vier rechte Straftaten im Nahbereich zu Flüchtlingsunterkünften
- Ein 48-Jähriger ist in erster Instanz wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden
- Staatsschutz sieht Mülheim als „eine Oase“ ohne auffällige rechtsextreme Szene, schon gar nicht mit erkennbaren Strukturen
Seit Sommer 2015, als die Flüchtlingswelle ins Land schwappte, zählt die Polizei in Mülheim vier Fälle, in denen es ihrer Definition nach im Nahbereich von Flüchtlingsunterkünften zu Straftaten mit rechtsextremem Hintergrund gekommen ist. Ein in erster Instanz wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilter 48-Jähriger wartet aktuell auf sein Berufungsverfahren am Landgericht Duisburg.
Der Staatsschutz der hiesigen Polizei hatte noch vor einem halben Jahr festgestellt, dass Mülheim weiter „eine Oase“ ohne auffällige rechtsextreme Szene, schon gar nicht mit erkennbaren Strukturen, sei. Von Januar bis Oktober 2016, hieß es seinerzeit, hatte es verhältnismäßig wenige, nämlich 49 Fälle rechter Kriminalität gegeben. Überwiegend habe es sich „nur“ um Propagandadelikte gehandelt, etwa mehrfach Schmierereien von Nazi-Symbolen am Leinpfad.
Schmierereien an Saarner Schule
In einer Antwort der Bundesregierung zur Frage der Linken nach Protesten gegen und Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte von Anfang dieses Jahres sind vier Mülheimer Fälle seit Beginn der sogenannten Flüchtlingskrise im Sommer 2015 benannt:
In der Nacht zum 23. August 2015 hatten laut Polizei Unbekannte in der Turnhalle des Saarner Schulzentrums an der Lehnerstraße Hakenkreuze und rechtsextreme Schriftzüge an eine Toilette geschmiert. Da war die Turnhalle schon als Erstaufnahmeeinrichtung für 120 Flüchtlinge eingerichtet. Das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft wurde später eingestellt, weil Täter nicht ausfindig zu machen waren.
Mann schlägt auf Flüchtling ein
Der Hauptbahnhof war am 13. Januar 2016 Tatort mehrerer Straftaten, die aktuell noch das Landgericht Duisburg beschäftigen. Ein heute 48-Jähriger ist in erster Instanz unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung, in Verrechnung aber auch mit einer alten Bewährungsstrafe, zu zwei Jahren und vier Monaten Haft verurteilt worden. Der alkoholisierte Mann war mit seinem Bullterrier am Bahnhof unterwegs, er ging zunächst drei MVG-Mitarbeiter mit Migrationshintergrund an, mit den Worten „Ich töte euch alle. Ich töte alle Ausländer“. Später nahm er im Bahnhof unvermittelt einen Flüchtling in den Schwitzkasten und schlug ihm mehrfach mit der Faust ins Gesicht und mit einem Teleskopschlagstock auf die linke Schulter. Die Berufungsverhandlung am Landgericht steht noch aus.
Hakenkreuze auf Schildern am Bootsanleger
Eine Strafanzeige handelten sich vier Unbekannte ein, die am 8. Mai 2016 an der Asylunterkunft an der Mintarder Straße in Saarn den Hitlergruß zeigten und sich fremdenfeindlich äußerten. Die Täter konnten aber nicht ermittelt werden.
Der bislang letzte aktenkundige Fall datiert vom 1. November 2016. An diesem Tag meldeten Passanten mit Hakenkreuzen beschmierte Schilder am Bootsanleger an der Hahnenfähre in Menden, nahe der Flüchtlingsunterkunft im ehemaligen evangelischen Jugendfreizeitheim Haus Jugendgroschen. Auch hier blieben die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft erfolglos.
Bundesregierung nennt Zahlen zu rechten Straftaten
In ihrer Antwort auf die Anfrage der Linken gab die Bundesregierung bekannt, dass deutschlandweit im vierten Quartal des Vorjahres 122 politisch motivierte Delikte aktenkundig seien, bei denen eine Flüchtlingsunterkunft Tatort oder Angriffsziel war. Davon hätten 117 Straftaten einen rechtsextremen Hintergrund.
Darüber hinaus seien 385 Straftaten in den benannten drei Monaten bekannt, die sich gegen Flüchtlinge außerhalb von Asylunterkünften gerichtet hätten.
36 Mal seien in Deutschland zudem Straftaten registriert, die sich gegen Hilfsorganisationen gerichtet hätten.