Mülheim. . Der neue HRW-Studiengang über E-Commerce ist sehr praktisch ausgerichtet Oliver Koch ist der deutliche Bezug zu den Sozialen Netzwerken wichtig.

  • Der Online-Handel wächst sehr dynamisch. Bald wird jeder vierte Euro im Netz umgesetzt
  • Der Bedarf an Fachkräften ist groß, da die Branche ganz andere Ansprüche stellt
  • Große Bedeutung spielen beim Marketing schon jetzt You-Tube-Stars - Bibis Beauty Palace ist ein Beispiel

Der Online-Handel gewinnt seit Jahren immer stärker an Gewicht. Es ist eine rasante und auch in den nächsten Jahren anhaltende Entwicklung. Dem Online-Handel wird weiterhin ein Zuwachs von 13 Prozent jährlich prognostiziert. Inzwischen werden in Deutschland rund 50 Milliarden Euro umgesetzt, was einem Anteil von knapp zehn Prozent entspricht. 2025 wird damit gerechnet, dass jeder vierte Euro im Netz umgesetzt wird. Vor allem die großen Online-Anbieter wie Amazon, Ebay und Alibaba werden an Bedeutung gewinnen, denkt Oliver Koch, Vize-Präsident der Hochschule und Leiter des neuen Studiengangs E-Commerce, der an der HRW zum Wintersemester angeboten wird.

Online-Geschäft erfordert Netzaffinität und Kreativität

Der Trend ist keine Neuigkeit. Die Folge dieser deutlichen Verschiebung ist aber ein Fachkräftebedarf, der derzeit noch nicht zufriedenstellend gedeckt werden kann. Beide Handelsfelder, obwohl sie sich im Alltag überschneiden, erfordern aber ganz unterschiedliche Qualifikationen, Mentalitäten und, da die Anforderungen andere sind, gilt das auch für die Persönlichkeiten.

Das Online-Geschäft erfordert eine hohe Netzaffinität und Kreativität, so dass ein eigener Studiengang sinnvoll erscheint. Bei jungen Leuten rechnet Koch mit Interesse und fürchtet, dass sie sich ohne ein Angebot aus der Region verabschieden, obwohl sie das gar nicht wollen. „Wir denken über eine duale Variante nach“, so Koch, also Ausbildung plus Studium. Eine Schwerpunktwahl zwischen Marketing und Informatik in den höheren Semestern ist vorgesehen.

Angebote im Jobportal Stepstone analysiert

Zur Einschätzung des Bedarfs hat Koch Gespräche mit Handelsunternehmen und Experten geführt, etwa dem Institut für Handelsforschung in Köln, aber auch die Angebote im Jobportal Stepstone analysiert. Unter den 61 371 Angeboten bezogen sich 2162 (3,5 Prozent) auf E-Commerce. Davon befanden sich zwei Drittel im Umkreis von 30 Kilometern. Gesucht wurden zu jeweils etwa einem Drittel Fachleute für Marketing, Informatiker und Generalisten.

Angesiedelt ist der neue Studiengang bei den Informatikern, die an der HRW-Dependance in Bottrop sitzen, als Handelsstadt mit Aldi und Tengelmann (Finanzier einer Professur) ist Mülheim aber dennoch der bessere Standort.

Praxissemester und Projektmodule mit Unternehmen

Koch sieht eine Chance für die Region, denn nur drei vergleichbare Studiengänge existieren bereits: in Bayern, Thüringen und Schleswig-Holstein – fehlt nur noch der Westen. Was den Studiengang von den anderen abhebt, seien vor allem drei Aspekte, erläutert Koch: die starke Praxisorientierung, die neben dem Praxissemester drei Projektmodule mit Unternehmen vorsieht; einen verpflichtenden Kurs über neue Geschäftsmodelle, in dem es auch darum geht, ob sich der Schritt in die Selbstständigkeit lohnen könnte; und der starke Social-Media-Bezug.

Er geht davon aus, dass Influencer-Marketing („Beeinflusser“), immer wichtiger werde. und spricht von einer Revolutionierung der Werbung. Es gebe einige You-Tube-Stars, die davon leben könnten und bei jungen Leuten eine große Glaubwürdigkeit besäßen.

Lifestyle paart sich mit Pop. Kaum zu glauben, dass die in einem Drogeriemarkt einen Hype auslösen können. Der Studiengang startet mit 60 Plätzen. Info: www.hochschule-ruhr-west-de

Beauty-Bloggerin mobilisiert Millionen

Eine dieser You-Tube-Stars, von denen Koch spricht, ist die Beauty-Bloggerin Bianca Heinicke, die Ende 2015 mit der mustergültigen Markteinführung ihres Duschschaums Bilou für Furore und bei dem damaligen Exklusiv-Händler dm zeitweise für leere Regale sorgte. Die Fangemeinde von Bibis -Beauty-Palace drehte förmlich durch, flutete die Läden, machte Selfie um Selfie, wozu sie mit einem Gewinnspiel aufgefordert wurden.

Bei der Kampagne wurde nichts dem Zufall überlassen, die Gefolgsgemeinschaft lange angetriggert und alle wichtigen Kanäle zeitlich gestaffelt adressiert. „Ein kluges Beispiel für gutes Kampagnendesign“, heißt es lobend im Branchendienst Absatzwirtschaft. Exemplarisch wird hier deutlich, wie die Verbindung zwischen stationärem Handel und der digitalen Welt, die mehr als nur Online-Handel ist, funktioniert.

Monatliche Einnahmen: geschätzte 110 000 Euro

4,5 Millionen abonnieren ihre Botschaften, ein Video wird laut Manager Magazin von den 8- bis 20-Jährigen zehn Millionen Mal angeklickt. Die monatlichen Einnahmen der 24-jährigen Kölnerin werden auf 110 000 Euro geschätzt. Ihr Blog gehört zu den fünf am häufigsten abonnierten deutschsprachigen YouTube-Kanälen. Längst ist sie ins Film- und Musikgeschäft eingesteigen. „Ich freu mich so für dich“, lauten Kommentare, als wäre sie eine Freundin.