Mülheim. . Die dreiköpfige Jury war sich überraschend einig. Ins Finale kam auch Roland Schimmelpfennig, der leider zu viele Klischees bemüht.
- So einig ist sich eine Jury selten gewesen
- Der mit 10 000 Euro dotierte Preis der Kinderstücke geht an die Schweizer Autorin Tina Müller
- Gelesen haben die drei Juroren alle fünf Stücke sehr gerne
So einig ist sich eine Jury selten. „Das ist ja unspektakulär, ja fast langweilig“, sagte Iwona Nowacka, nachdem die drei Juroren sich völlig einstimmig, teilweise bis hin zu gleichen Formulierungen, auf die beiden Finalisten geeignet hatten.
Das ist umso erstaunlicher, weil Florian Fiedler, der künftige Intendant des Theater Oberhausen, sein Votum, vorab schriftlich abgegeben hatte. „Warte nur ab“, meinte da noch Thomas Irmer und zumindest für einen Moment konnte man auf eine Überraschung hoffen. Doch kurz darauf war es klar: der mit 10 000 Euro dotierte Preis der Kinderstücke geht an die Schweizer Autorin Tina Müller für Dickhäuter, das am Montag das Festival eröffnet hatte. Die 37-Jährige war anwesend und kündigte an, den Preis mit der Regisseurin und dem Ensemble zu teilen, weil sie auch einen erheblichen Anteil an der Entwicklung des Stückes hätten. Die gebürtige Polin Nowacka zeigte sich von dem Text so beeindruckt, dass sie ankündigte, ihn in ihre Muttersprache zu übersetzen.
Vernachlässigung in allen Schichten
Roland Schimmelpfennigs „Biene im Kopf“ wurde sprachlich und dramaturgisch zwar unisono gelobt, aber auch eine Schwäche deutlich gemacht: die soziale Einbettung erscheint als Klischee. Aus welchem Milieu der Junge stammt, der sich in seiner Phantasie vorstellt in eine Biene verwandelt, ist schnell und plakativ klar. „Schade“, schreibt Fiedler, „es gibt Vernachlässigung in allen Schichten und nicht alle Arbeitslose sind Alkoholiker.“
Gelesen haben die drei Juroren alle fünf Stücke sehr gern, die auch völlig zurecht eingeladen worden seien, wie sie betonen. Richtig begeistert habe sie aber nur die Dickhäuter von Tina Müller. „Das Stück hat alle meine Kriterien erfüllt“, so Nowacka, die Überraschendes und Neues in Form, Sprache und Inhalt erwartet. Bestärkt fühlte sie sich noch durch ein Erlebnis auf der Toilette. Dort wurde sie Zeuge, wie sich zwei Kinder über formale Aspekte dieses Stücks unterhielten. „Ich hätte ihnen noch gerne länger zugehört, aber es war mir dann doch peinlich“, räumt sie ein. Man unterschätzt Kinder eben leicht.