Mülheim. . Beim WAZ-Medizinforum ging es im Marien-Hospital um hausliche Notfälle. Bei jeglicher Unsicherheit raten die Ärzte dazu, besser 112 zu wählen.
Puder auf Verbrennungen? Bloß nicht! Milch trinken, um geschluckte gefährliche Flüssigkeiten wieder zu erbrechen? Auf keinen Fall! Wunden im Gesicht ohne Naht verheilen lassen? Unschön! Impfungen im Alter nicht mehr auffrischen? Hoch riskant! Eine Fülle von Tipps und Regeln für den Ernstfall gaben die Ärzte beim jüngsten WAZ-Medizinforum am Donnerstagabend im Marien-Hospital, wo es um häusliche Notfälle ging.
Eine Botschaft hob Thomas Franke, Leitender Arzt Zentrale Notaufnahme am Marien-Hospital, hervor: „Immer dann, wenn sie unsicher sind, wenn plötzlich Ihnen unbekannte starke Schmerzen auftreten, ist es immer ratsam, die 112 zu wählen und den Notarzt zu rufen.“ Denn der gravierendste Fehler besteht darin, wertvolle Zeit im Ernstfall verstreichen zu lassen und vielleicht Stunden später oder erst am anderen Tag einen Arzt aufzusuchen.
Hinter Schmerzen kann sich Harmloses verbergen
Hinter vielen Schmerzen kann sich etwas Harmloses verbergen, etwa beim plötzlichen Brustschmerz. Es kann ein Infekt sein, so Franke, eine psychogene Störung, eine Magenverstimmung, eine Gastritis, eine Verspannung, aber eben auch ein Infarkt. Schwindel, starke Übelkeit, Schweißausbrüche – solche Symptome sollten sehr ernst genommen werden. Das gelte erst recht, wenn plötzlich Sprachstörungen oder Lähmungen auftreten. „Auch ein Schlaganfall kann heute, wenn rechtzeitig reagiert wird, ohne Folgen behoben werden“, sagt Franke.
Hinter vielen Symptomen, das machen die Ärzte deutlich, kann sich eine Vielzahl von möglichen Erkrankungen verbergen. Viele Symptome seien den Betroffenen auch bekannt, würden vom Hausarzt behandelt, aber immer dann, wenn Beschwerden oder Schmerzen ungeahnte Formen annehmen, raten die Mediziner zum Notruf 112. In 90 Prozent der Fälle, so Franke, ist der Notarzt innerhalb von acht Minuten vor Ort.
Alle zehn Jahre den Impfstatus erneuern
Oft harmloser sind Schürfwunden. Austrocknende Verbände empfiehlt Dr. Stephan Elenz, Chefarzt der Klinik für Unfall-, Wiederherstellungs- und Orthopädische Chirurgie. Stark verschmutzte Wunden sollte man reinigen lassen. „Alle zehn Jahre sollte der Impfstatus auf jeden Fall erneuert werden – und nicht nur der für Tetanus.
Impfungen können auch wichtig sein, wenn man Opfer einer Bisswunde wird. Rund 30 000 Bisswunden werden deutschlandweit im Jahr gemeldet. Gerade bei Katzenbissen liege die Entzündungsrate über 50 Prozent. Mit viel Leitungswasser spülen, so Elenz, sei die beste erste Reaktion nach einem Biss. Das gilt auch bei Verbrennungen – und: kein Eis! Wunden jeglicher Art im Gesicht, gerade auch bei Kindern, sollten genäht werden, rät der Chirurg. „Kosmetisch sieht das später deutlich besser aus.“
Bei Rückenschmerzen nicht sofort den Notarzt rufen
Der akut auftretende Rückenschmerz tritt häufig auf, ist aber in 85 bis 90 Prozent der Fälle eine Fehlfunktion oder Verspannung der Muskulatur und bedarf nicht eines Notarztes. Den, so Elenz, sollte man erst rufen, wenn in den Beinen Gefühlsstörungen sich bemerkbar machten oder Probleme beim Wasserlassen aufträten.
Wird ein Notarzt gerufen, sollte der Patient oder ein Angehöriger immer folgende Dinge bereithalten und vorlegen: eine aktualisierte Liste der Medikamente, die man einnimmt, den Impfausweis, Arztbriefe, Hinweise auf Allergien und falls betroffen den Prothesenpass. Denn auch das, so Elenz, spare am Ende wertvolle Zeit im Notfall.