Mülheim. . Die Evangelische Beratungsstelle für Schwangerschaftskonflikte in Mülheim hatte 2016 deutlich mehr Zulauf als im Vorjahr.
- Insgesamt 511 Ratsuchende fanden sich im Vorjahr ein, das sind 35 mehr als 2015
- 106 Frauen kamen aufgrund einer ungewollten Schwangerschaft in die Konfliktberatung, das jüngste Mädchen war erst 15
- Mittlerweile hat mehr als die Hälfte der hilfesuchenden Frauen einen Migrationshintergrund
Die Zahl der Entbindungen in Mülheim ist 2016 nach oben geschnellt, und auch das Team der Evangelischen Beratungsstelle für Schwangerschaftskonflikte berichtet: „Wir hatten einen Babyboom.“
Insgesamt 511 Ratsuchende fanden sich im Vorjahr ein, das sind 35 mehr als 2015. Darunter waren 106 Frauen, also gut ein Fünftel, die aufgrund einer ungewollten Schwangerschaft in die Konfliktberatung kamen. „In der Regel gehen sie mit der Bescheinigung raus“, sagt Sabine Boeger, eine der drei Beraterinnen. „Ob sie sie am Ende tatsächlich einlösen, wissen wir aber nicht.“
Berufstätige Frauen, die sehr wenig verdienen
Die Zahlen des aktuellen Jahresberichtes dokumentieren auch: Bei vier Fünftel der Ratsuchenden ging es nicht um einen möglichen Abbruch, sondern um Nöte und Ängste, die die Schwangerschaft und das Leben mit Kind erschweren. Die Beraterinnen führen finanzielle und/oder berufliche Sorgen, familiäre Schwierigkeiten, fehlende Kinderbetreuung, Wohnraumprobleme und Überforderung als häufige Themen an. „Es gibt immer mehr berufstätige Frauen, die sehr wenig verdienen“, stellt Sabine Boeger fest.
Aufgabe der Beratungsstelle ist es in solchen Fällen auch, zusätzliche finanzielle Mittel zu beantragen, etwa aus der „Bundesstiftung Mutter und Kind“. Viele Frauen würden über Jahre begleitet, „auch beim zweiten, dritten, vierten Kind“, ergänzt Birgit Hirsch-Palepu, zuständige Abteilungsleiterin beim Diakonischen Werk. Auch 16 Männer sprachen im vergangenen Jahr vor, meist ließen sie sich beraten zur Vaterschaftsanerkennung, zu ihrer Rolle als werdender Vater oder in behördlichen Dingen.
Migrantinnen positiv erreichen können
Deutlich gestiegen, auf nunmehr 56 Prozent, ist der Anteil der Ratsuchenden, die einen Migrationshintergrund haben. Sie stammten aus 46 verschiedenen Ländern, viele geflüchtete Frauen waren darunter. Wenn sie von ihren Männern begleitet wurden, dann traten diese weniger als Mitbetroffene, sondern „eher als Außenminister“ auf, so die Erfahrung der Beraterinnen. Meist habe man die Migrantinnen positiv erreichen können, doch die Gespräche, „erforderten viel Zeit und Fingerspitzengefühl“.
Ein Schwerpunkt, dem sich die Evangelische Beratungsstelle für Schwangerschaftskonflikte widmet, ist die Unterstützung von Mädchen und sehr jungen Frauen. 2016 waren rund zehn Prozent der Ratsuchenden unter 21 Jahren, die jüngste erst 15. Für sie gibt es seit 2003 auch ein betreutes Gruppenangebot, in Kooperation mit der Evangelischen Familienbildungsstätte.
Die Zahl der Teenager-Schwangerschaften sei in Mülheim gleichbleibend, sagt Sabine Boeger. „Bundesweit dagegen hat sie sich in den vergangenen zehn Jahren halbiert.“
Etliche Frauen über 40 suchten Beratungsstelle auf
Auf der anderen Seite suchten auch etliche Frauen über 40 die Beratungsstelle auf, rund 50 waren es im vergangenen Jahr.
In bestimmten Fällen werden hier auch Trauernde unterstützt: Eltern, die ihr Kind während der Schwangerschaft oder bei der Geburt verloren haben. Neben einem Gesprächskreis gibt es Einzel- oder Paarberatungen. „Nicht allen Betroffenen tut der Austausch in der Gruppe gut“, berichtet Beraterin Karin Jaesch-Kötter.
Alles in allem hat das Team im Vorjahr 61 Gruppenveranstaltungen durchgeführt, auch Veranstaltungen in Schulklassen, „zur verantwortungsvollen Beziehung, Freundschaft und Familienplanung“.