Mülheim. . Wie die Wirtschaft von der Wissenschaft profitieren kann, machte der „Talk im Schloss“ der Mittelstandsvereinigung anschaulich deutlich.
- Wirtschaft trifft Wissenschaft lautete das Motto der Mittelstandsvereinigung der CDU
- Beim Talk im Schloss trafen Computerfirmen aus zwei Generationen zusammen
- Auch Prof. Tobias Ritter erzählte, warum er von Harvard an die Ruhr gekommen ist
Die Mülheimer Industriekonferenz hat erst vor ein paar Tagen das Programm „Auf dem Weg zum wissensbasierten Industriestandort“ beschlossen. Was darunter zu verstehen ist und welches Potenzial schon jetzt besteht, verdeutlichte gut der „Talk im Schloss“ der Mittelstandsvereinigung der CDU.
Unter der Überschrift „Wissenschaft trifft Wirtschaft“ hat der Vorstand um Hans-Joseph Krupp trotz kurzfristiger Absagen interessante Gesprächspartner gewonnen. So kamen mit Bernd Jotzo, Vorstand der iSAM AG, und Florian Ludwig, Mitinhaber von Grey Rock Entertainment, zwei erfolgreiche Vertreter aus der Bandbreite der Internetbranche. Sie trennt zwar vom Lebensalter eine Generation, aber sie sind sich vielleicht ähnlicher, als es auf den ersten Blick scheint.
Experte für Automatisierungsfragen ist das Unternehmen des älteren, der von führerlosen Baggern im XXL-Format erzählt, die im Hamburger Hafen Schüttgut, etwa Erze, entladen. Bei einer 17 Tonnen schweren Schaufel, die an einem 30 Meter Pendel befestigt ist, wenn das in Schwingung gerät, „kann man leicht Schiffe versenken spielen“, erzählt er. Um so etwas zu verhindern, sei eine Formel nötig, die sooo lang ist, sagt er, während er die Arme spreizt. 50 Mitarbeiter zählt die iSAM am Standort.
Das Hobby zum Beruf gemacht
Ebenso eine Nische besetzt der einstige Spieleentwickler Ludwig, der 2012 von Wirtschaftsförderer Jürgen Schnitzmeier auf einer Messe für die Games-Factory angeworben wurde, sich inzwischen aber interaktivem E-Learning mit Brillen, die dreidimensionale Räume simulieren, widmet. Es ist die Geschichte von drei Schülern, die ihr Hobby zum Beruf gemacht haben. Das 13-köpfige Team, das sich die Aufträge aussuchen könne, hat kürzlich zwei weitere Büros in der Games-Factory bezogen.
An geeignete Fachkräfte zu gelangen ist für beide ein schwieriges Thema. Die Kooperation mit den Hochschulen ist dabei eine Chance, die in Form von Praxissemestern und Examensarbeiten schon praktiziert wird. Doch besteht, gerade bei den Kreativen, die Gefahr der Abwanderung nach Berlin, was Ludwig auch schon erlebt hat.
Abwanderung ist das Stichwort für die beiden Wissenschaftler, die den umgekehrten Weg wählten, von Boston und Süditalien an die Ruhr kamen. „Das Institut ist weltweit unter den Forschern wohl bekannter als unter den Mülheimern“, denkt Prof. Tobias Ritter (41), Direktor am Institut für Kohlenforschung, der vor 18 Monaten mit einem zehnköpfigen Team von Harvard gekommen ist. Drei Jahre hatte er überlegt, die Stadt, deren Vorzüge er mit seiner Frau und den drei Kindern inzwischen schätzt, hat die Entscheidung erschwert. Fluor ist der Stoff, dem seine Grundlagenforschung gilt. „Jeder hat’s in den Zähnen.“
Hochschule bietet Chancen
Michaela Friedrich, Referentin für Forschung und Transfer an der HRW, unterstrich die Chancen, die Unternehmen, aber auch gesellschaftliche Gruppen von der Hochschule haben. Die Hochschule gebe ein Kontaktversprechen. Wer mit einem technischen Problem zur Hochschule komme, werde nicht zwischen den Instituten hin- und hergeschickt, sondern bekomme einen Ansprechpartner.
„Wenn wir es nicht selbst lösen können, nennen wir einen Ansprechpartner aus unserem Netzwerk.“ Sie erzählt auch von dem 3-D-Drucker, mit dessen Hilfe ein Zahnarzt ein kleines Rädchen reproduzieren konnte, das es als Ersatzteil längst nicht mehr gibt.