Mülheim. Weil die Stadt ihr keine Fläche anbieten kann, droht eine große Firma abzuwandern. Zwei weitere Großbaustellen hat Mülheims Wirtschaftsförderung.

  • Mülheims Wirtschaftsförderung hat für das Jahr 2017 drei Schwerpunktaufgaben definiert
  • Themen sind der dramatische Gewerbeflächen-Mangel, die weitere City-Belebung und die Digitalisierung
  • Neben der Games und der Creative Factory soll es bald auch eine E-Commerce-Factory geben

Mit drei Schwerpunktaufgaben ist die Wirtschaftsförderung „Mülheim & Business“ in das Jahr 2017 gegangen. Es gelte dringender denn je den Mangel an Gewerbeflächen aufzulösen. In der Innenstadt soll der Funke vom Projekt auf dem ehemaligen Kaufhof-Areal möglichst überspringen und zu Investitionen in andere Bestandsgebäude führen. Und schließlich wird die Digitalisierung der Wirtschaft Thema bleiben.

1. Keine einzige eigene Gewerbefläche könne die Stadt mehr am Markt anbieten, sagt Chef-Wirtschaftsförderer Jürgen Schnitzmeier. Die letzte Fläche neben der Heißener Bezirkssportanlage ging an einen Großhändler und einen Kfz-Betrieb. Den Notstand beklagt M&B nicht erst seit gestern, nun spricht er von einer dramatischen Zuspitzung. Es seien nur noch vier unbebaute Flächen aus Privatbesitz im Angebot, darunter das Jost-Areal am Hafen und eines an der Aktienstraße.

Durch Abriss neue Areale schaffen

„Es ist zu befürchten, dass wir nach der Brenntag demnächst möglicherweise ein weiteres großes Mülheimer Bestandsunternehmen mangels Flächenalternativen an eine Nachbarstadt verlieren“, so Schnitzmeier, ohne Namen zu nennen. Für zehn potenzielle Reserveflächen, die derzeit „unterwertig genutzt“ seien, will M&B Gespräche mit den Eigentümern führen zu einem „Re-Development“ der Areale, bedeutet etwa: Könnten durch Abriss und Neubau neue Top-Areale geschaffen werden? Dazu zähle weiter das ungenutzte nördliche Mannesmann-Areal, für dessen Erschließung endlich die Styrumer Tangente gebaut werden müsse, aber auch brachliegender Grund auf dem Gelände der Friedrich-Wilhelms-Hütte. Auch die Politik sei gefordert. Sie müsse endlich mal neue Flächen ausweisen.

60 Anfragen für zusammen 170 Hektar Gewerbefläche zählte M&B im Vorjahr, „einem Großteil konnten wir kein Angebot machen“, so Jürgen Schnitzmeier, der zudem beobachtet, dass Eigentümer Flächenreserven angesichts der Niedrigzinsen lieber in eigener Hand halten. „Eigentümer setzen eher auf Verpachtung für eine langfristige Rendite.“

2. Die letzten Teile der Kaufhof-Fassade werden wohl in dieser Woche fallen, prognostiziert Schnitzmeier. Das neue Quartier an der Schloßstraße, das an Ort und Stelle entsteht, werde „ein Meilenstein“, „ein Quantensprung“ für die Zukunft der Innenstadt sein, ist sich der Chef-Wirtschaftsförderer sicher. Nun gelte es, den Fokus auf die Entwicklung ringsum zu richten.

Alte Woolworth-Immobilie auf dem Markt

Vergeblich hat die Wirtschaftsförderung bislang auf ein Investitionssignal für das direkt benachbarte alte Woolworth-Gebäude gehofft. Mit dem Eigentümer gab es Gespräche, zuletzt auch über eine Förderung für die Wiederherstellung der denkmalgeschützten Fassade. Doch Entscheidungen sind noch nicht gefallen. Der Eigentümer fährt offenbar zweigleisig: Er prüft eine eigene Investition – und bietet die Immobilie gleichzeitig zu einem Preis, der weit über dem damaligen Kaufpreis liegen soll, wieder am Markt an.

Nicht umsonst will M&B das Citymanagement an sich gezogen haben. In den nächsten Jahren sollen laut Schnitzmeier die Bemühungen forciert werden, die privaten Eigentümer in der City zu Investitionen zu ermuntern, bei Vermarktung und Vermietung zu helfen. Schnitzmeier weiß, dass dies eine Herkulesaufgabe sein dürfte. Viele Gebäude sind im Besitz international tätiger Fonds oder anderer überörtlicher Unternehmen. Da muss man erst mal überhaupt einen Ansprechpartner an die Strippe bekommen . . .

Beratungs- und Experimentierplattform "Ruhr:Hub"

3. Das Thema Wirtschaft 4.0: Eine Veranstaltungsreihe zur Digitalisierung im Mittelstand soll fortgesetzt werden. Als zentrale Beratungs- und Experimentierplattform ist der „Ruhr:Hub“ mittlerweile aus der Taufe gehoben. Digitalen Geschäftsmodellen gehöre die Zukunft, ist M&B überzeugt. Deshalb soll sich die Gründerberatung im Haus der Wirtschaft nun stärker als bisher technologieorientierten und wissensbasierten Gründungen widmen.

Nach Vorbild der Erfolgsmodelle Games Factory und der zwischenzeitlich fast komplett vermieteten Creative Factory an der Bachstraße ist M&B derzeit auf der Suche nach einem Standort für eine E-Commerce-Factory. Gesucht werden geeignete Immobilien zwischen Innenstadt und Hochschule, wo zum Wintersemester ein entsprechender Studiengang eingerichtet wird, mit Stiftungsprofessur der Tengelmann-Gruppe.