Mülheim. Finanzielle Gründe führen zum Aus des SKFM: ein jährliches Defizit von über 20.000 Euro, das die Caritas nicht mehr ausgleicht.

Der Sozialdienst Katholischer Frauen und Männer (SKFM) in Mülheim wird zum Jahresende aufgelöst. Dies hat die Mitgliederversammlung der Caritas beschlossen, unter deren Dach der SKFM arbeitet. Als Grund wird ein chronisches finanzielles Defizit in der gesetzlichen Betreuung genannt, das nicht länger tragbar sei.

Die rechtliche Betreuung von Menschen, die psychisch krank sind, behindert oder pflegebedürftig, ist seit 2004 das einzige Tätigkeitsgebiet des SKFM in Mülheim. Alle anderen früheren Aufgaben wurden den Caritas-Sozialdiensten übertragen. Im katholischen Betreuungsverein waren bislang sieben hauptamtliche Mitarbeiter tätig, die 4,5 Stellen innehatten, und etwa 50 Ehrenamtliche. „Wir hatten ein gutes Team“, betont Fachdienstleiterin Dagmar Auberg, „umso bitterer ist es jetzt.“

Hintergrund seien die pauschalen Vergütungssätze für hauptamtliche Kräfte, derzeit 44 Euro pro Stunde, die seit 2005 nicht erhöht wurden — im Gegensatz zu den Gehältern. „Die Schere ging immer weiter auseinander“, sagt Auberg. Zumal das SKFM-Team einige langjährige Mitarbeiterinnen umfasste, die mehr verdienen als Nachwuchskräfte. Hinzu kommt, dass pro Klient nur eine bestimmte Zahl von Betreuungsstunden pro Monat bezahlt wird. „Damit kommt man aber oft nicht aus.“

Nach Modellrechnungen wären Vergütungssätze von mindestens 56 bis 58 Euro angemessen, hierzu ist aber eine Gesetzesänderung auf Bundesebene erforderlich, für die Vertreter der Wohlfahrtsverbände auch in Mülheim schon seit Jahren plädieren. „Inzwischen“, so Dagmar Auberg, „ist uns aber die Puste ausgegangen.“

Zuletzt lief beim SKFM, trotz regelmäßiger Zuschüsse des Stadt und jüngst auch des NRW-Sozialministeriums, ein jährliches Defizit von rund 22 000 Euro auf, das einmalig von der Caritas ausgeglichen wurde. Angesichts aktueller Sparvorgaben, auch auf Bistumsebene, ist dies aber nicht mehr möglich. „Es war keine vorübergehende Lücke, sondern ein wachsendes Defizit“, erklärt Margret Zerres, stellvertretende Caritas-Vorsitzende.

Der Beschluss, den SKFM aufzulösen, sei „sehr schwer gefallen“, aber leider kein Einzelfall: Auch in anderen Städten hätten schon etliche konfessionelle Betreuungsvereine aufgegeben. Das Kernteam weiß schon länger Bescheid, so dass nun einige Monate Zeit bleiben, um für die Klienten neue Lösungen zu finden und auch für Menschen, die eine Betreuungsverfügung beim SKFM hinterlegt haben. Zum Glück, so Dagmar Auberg, hätten sich die anderen beiden Betreuungsvereine in Mülheim sehr kooperativ gezeigt.

Nach aktuellen Angaben des Mülheimer Amtsgerichtes stehen derzeit 2208 Personen in der Stadt unter gesetzlicher Betreuung. Um 161 Klienten kümmert sich der Evangelische Betreuungsverein unter dem Dach der Diakonie, um 112 der SKFM, um 81 der esCor ASB-Betreuungsverein. Insgesamt werden also 353 Menschen durch einen der drei Vereine betreut. In den übrigen Fällen leisten Berufsbetreuer, Angehörige oder andere Bezugspersonen diese Arbeit.

Neue Perspektiven suchen nun auch die sieben Mitarbeiter des SKFM, denen gekündigt wurde. Nach Angaben von Margret Zerres geht eine Kollegin in den Ruhestand, zwei haben anderswo Beschäftigung gefunden, zwei weitere planen, sich als Betreuer beruflich selbstständig zu machen, wobei sie einige ihrer bisherigen Klienten mitnehmen. „Wir wollen unsere Arbeit gut und in Würde beenden“, betont Dagmar Auberg. Sie selber arbeitet weiterhin bei den Caritas-Sozialdiensten, jedoch mit deutlich reduzierter Stundenzahl.

Zwei andere Betreuungsvereine übernehmen Klienten des SKFM

Angesichts der bevorstehenden Auflösung des SKFM sind die beiden anderen Betreuungsvereine in Mülheim bereits in zahlreichen Fällen eingesprungen und haben auch personell aufgestockt.

So erklärt Hartmut Kistner, Geschäftsführer des Diakonischen Werkes und Vorsitzender des Evangelischen Betreuungsvereins, bislang habe man etwa 20 bis 25 Klienten vom SKFM übernommen, „ich schätze, dass es insgesamt 30 bis 35 werden“. Um die zusätzliche Arbeit bewältigen zu können, sei eine Vollzeitstelle neu besetzt worden. Vier Fachkräfte sind es nun, durchweg studierte Sozialarbeiterinnen oder -pädagoginnen.

Obwohl der Evangelische Betreuungsverein unter den gleichen finanziellen Rahmenbedingungen agiert wie der SKFM sieht Kistner die Lage zwar kritisch, den Fortbestand des Vereins aber momentan nicht bedroht. Dies vor allem, weil sie einen „Generationswechsel“ gehabt hätten, sprich: Das Team besteht aus jungen Fachkräften, die weniger verdienen als gestandene Leute. „Unsere Fixkosten im Personalbereich sind geringer“, so Kistner. Langfristig werde es aber auch hier eng: „Die Bundesregierung muss aktiv werden und die Fallpauschalen angemessen erhöhen.“

Der esCor ASB-Betreuungsverein hat ebenfalls schon einige Fälle des SKFM übernommen, bis zum Jahresende rechnet Geschäftsführerin Janina Bever mit rund 20 weiteren. Das bislang dreiköpfige Team soll um eine neue Mitarbeiterin verstärkt werden. „Es ist schwierig, mit der geltenden Fallpauschale auszukommen“, meint Bever, nur mit sehr engagierten Leuten sei dies möglich, „die viel leisten und bereit sind, über Belastungsgrenzen zu gehen“.