Mülheim. . Die Entscheidung des Bundestages sorgt Gesprächsstoff bei der türkischstämmigen Bevölkerung. Partnerstadt Beykoz hat noch keine Reaktion gezeigt
Die Armenien-Resolution hat zu einen hitzigen Konflikt zwischen Deutschland und der Türkei geführt. Die Folgen dieser Diskussion spüren Mülheimer mit türkischen Wurzeln im Alltag. Eine Reaktion aus der türkischen Partnerstadt ist bislang ausgeblieben.
Heute treffen sich in Oberhausen die Stadtoberhäupter der aktuellen Partnerstädte zu einem Freundschaftsbesuch. Der Bürgermeister aus dem türkischen Mersin fehlt jedoch – er hat als Reaktion auf die Armenien-Resolution im Bundestag abgesagt. Auf eine Rückmeldung aus der Partnerstadt Beykoz wartet man auch in Mülheim. „Wir haben eine Grußbotschaft unseres Oberbürgermeisters zum Beginn des Fastenmonats in die Türkei geschickt. Darauf gab es keine Antwort“, teilt Sabine Kuzma, die sich bei der Stadt um den Kontakt zu den Partnerstädten kümmert, mit. Das müsse allerdings nicht unbedingt etwas heißen, da es derzeit keinen aktuellen Anlass gebe, ergänzt Kuzma.
Konflikt belastet Zusammenleben der Bürger
Auf Bürgerseite sei ebenfalls keine Reaktion aus der Provinz Istanbul erfolgt, berichtet der Vorsitzende des Fördervereins Mülheimer Städtepartnerschaften, Hans-Dieter Flohr. Viermal war er bereits mit Gruppen in Beykoz. Ein Gegenbesuch ist bislang nicht erfolgt. „Das Interesse besteht wohl nicht. Die Menschen haben uns vor Ort aber immer sehr gastfreundlich aufgenommen“, sagt Flohr. In naher Zukunft sei keine Reise in die Partnerstadt geplant.
Bei den Mülheimern mit türkischen Wurzeln wird die Entscheidung im Bundestag und vor allem die heftige Reaktion von Ministerpräsident Erdogan lebhaft diskutiert. „Erdogan merkt nicht, dass er uns Türken hier in Deutschland damit schadet. Plötzlich ist meine Herkunft auch für die Kunden ein Thema. Das ist mir unangenehm“, erklärt Mehmet Tagrikulu, der seit zehn Jahren am Kohlenkamp ein Obst- und Gemüsegeschäft betreibt und seit 36 Jahren in Deutschland lebt. Er ist Befürworter der Armenien-Resolution: „Man muss die Vergangenheit abhaken, um nach vorne schauen zu können.“ Tagrikulu weiß aber auch, dass es in der türkischen Gemeinde auch kritische Stimmen zur Bundestagsentscheidung gibt. „Wenn ich mit Freunden spreche, sind sechs von zehn meiner Meinung. Die anderen vier halten es mit Erdogan“, berichtet der 44-Jährige, den ärgert, dass der Konflikt auf politischer Ebene das Zusammenleben der normalen Bürger belaste.
Ratsmitglied Hasan Tuncer (Bündnis für Bildung) ist in der politischen Diskussion vorbelastet: Seine Eltern sind Aleviten und 1995 als politische Flüchtlinge aus der Region Malatya nach Deutschland gekommen. Er fordert: „Die Türkei muss sich endlich als Vielvölkerstaat akzeptieren.“ Die Drohungen gegenüber türkischstämmigen Abgeordneten verurteilt er. „Das ist ein Angriff auf die Demokratie“, so Tuncer.