Mülheim. . Am 1. Mai startet die neue Saison im Naturbad in Styrum. Bad-Leiter Dustin Radde zeigt, wie das beliebte Bad für Gäste startklar gemacht wird.
Hier bleibt von alleine niemand stehen. Die meisten Badegäste werden schnell an diesem Punkt vorbeihuschen in Richtung Becken oder Sandstrand. Für den unwissenden Betrachter deutet nichts darauf hin, dass sich hier, nur wenige Meter von Kiosk und Verwaltungsgebäude entfernt, ein zentraler Ort für das Naturbad befindet. Allerdings liegt er unterirdisch und nur ein Rauschen unter der Abdeckung deutet darauf hin: Hier befindet sich das Wasserzwischenlager, das 200 Kubikmeter fasst. Wenn, wie jetzt gerade, der Boden des Hauptbeckens gereinigt wird - es fasst 2350 Kubikmeter -, dann wird das Wasser für diese Zeit sowohl auf die anderen Becken und eben in das Zwischenlager aufgeteilt. Das Wasser wird gepumpt und die Spezialpumpen, die da dafür gebraucht werden, befinden sich im Bau direkt dahinter. Mannshoch sind sie die Maschinen, direkt über ihnen ist eine Ebene, auf der man stehen kann. Dort hat sich Dustin Radde ans Geländer gelehnt und strahlt.
Der natürliche Filter
Der 22-Jährige ist der Leiter des Naturbades Styrum. Er ist für das Veranstaltungsmanagement und die Personalführung zuständig, besonders interessant ist für ihn aber eben auch der technische Aspekt. Denn hier wird dem gelernten Sport- und Fitnessekaufmann bewusst, wie vielfältig sein Job ist. Seine Ausbildung hat er in einem Fitness-Studio gemacht, da gehörte natürlich auch der Publikumskontakt mit zum Alltag. Hier im Naturbad muss er aber auch ein Verständnis für Technik haben und ein Interesse für Botanik. Radde dreht sich um und setzt sich vor einen Computer. Von hier aus wird die Filteranlage des Naturbades gesteuert: vier, jeweils zwischen 300 und 500 Quadratmeter große Beete, auf den Schilfgewächse angepflanzt sind. Sie sind die natürlichen Filter. Sie ziehen Keime und andere Stoffe aus dem Wasser heraus. Unterstützt wird dieser Prozess dadurch, dass die Schilfgewächse in einer Sand-Kies-Schicht eingepflanzt sind.
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Stündlich werden etwa 200 Kubikmeter auf diese Weise gereinigt, indem das Wasser von den einzelnen Becken zu den Beeten und wieder zurück gepumpt wird. „Das bedeutet in der Regel: An einem Betriebstag wird das Wasser zweimal komplett gereinigt.“ Wenn besonders viele Gäste kommen - in den Spitzen können das schon Mal bis zu 5000 Wasserratten am Tag sein - kann die Quote auch erhöht werden. Radde bewegt den Maus-Pfeil auf dem Computerschirm: „Per Klick können wir selbst einstellen, wie viel Wasser pro Stunde gereinigt wird. Wir können auf bis zu 650 Kubikmeter pro Stunde erhöhen. Das kommt aber wirklich nur sehr selten vor.“
6000 neue Schilfgewächse
Um aber wirklich ein Gefühl für die Bedeutung der Natur-Filter zu bekommen, muss man natürlich zu den Beeten direkt. Sie liegen auf dem insgesamt drei Hektar großen Bad-Gelände in der anderen Ecke. Auf zweien der vier Beete wird im Moment gepflanzt. „6290 neue Schilfpflanzen sind am Dienstag geliefert worden. Heute, vier Tage später, sind schon 4000 eingepflanzt. Wir liegen gut in der Zeit.“ Gleichwohl, die Pflanzarbeit bindet Arbeitskräfte und kostet viel Energie. Sie ist aber nur in sehr großen zeitlichen Abständen nötig. „Die Pflanzen, die jetzt erst ausgetauscht worden sind, standen gut zehn Jahre hier. Also so lange, wie es das Naturbad schon gibt. Irgendwann nimmt die Filterkraft der Pflanzen ab. Doch bis es soweit ist, wird es auch jetzt vermutlich wieder ein Jahrzehnt dauern.“
Für die natürliche Filterung des Wassers interessieren sich auch die Badegäste. „Ich komme öfter darüber mit Besuchern ins das Gespräch. Für viele ist es eine tolle Erfahrung, zum ersten Mal nicht in Chlor-Wasser zu schwimmen. Vor allem Allergiker oder Menschen mit empfindlicher Haut schätzen das. Dann wollen sie auch die Hintergründe kennen.“ Trotz dieser guten Resonanz - die Gäste kommen aus der ganzen Region, ja sogar auch aus den Niederlanden angereist - gibt es in Deutschland noch nicht so viele Naturbäder. „Wir sind ein Vorzeigebad. Wir haben häufig Besuchergruppen zu Gast. Wenn woanders ein Naturbad geplant wird, dann holt man sich bei uns Anregungen. Das freut uns natürlich“, sagt Radde.
Aber das ist für ihn und seine 17 Mitarbeiter kein Grund, im Status Quo zu verharren, ganz im Gegenteil. In der kommenden Saison erwarten die Badegäste einige neue Angebote. Im Beach-Bereich wird eine Bühne aufgebaut: Dort werden ab dem 4. Juli jeweils samstags unterschiedliche Bands auftreten. Es sollen aber auch Sportkurse dort stattfinden - nicht nur für Schwimmbegeisterte: Mit Yoga oder Pilates können sich die Besucher fit halten. Wer viel Sport macht, der bekommt auch ordentlich Hunger: Um den zu stillen, wird demnächst auch das klassische Speisenangebot erweitert. Neben Pommes und Bratwurst gibt es dann auch Vegetarisches und sogar Veganes auf der Karte.