Mülheim. . Die EG Jugend hat 20 junge Mülheimer im Fokus, die mehrfach durch schwere Straftaten aufgefallen sind. Zahl der jungen Mehrfachtatverdächtigen bleibt stabil

Seit acht Jahren hat das Team um Kriminalhauptkommissar Martin Kielbassa in der EG Jugend, der Ermittlungsgruppe Jugend im Polizeipräsidium Essen/Mülheim, junge Intensivtäter im Blick: Junge Männer und Frauen unter 21 Jahren, die mehrfach durch Straftaten aufgefallen sind. 72 junge Leute waren das im Jahr 2015. Davon leben 20 in Mülheim, die meisten davon sind bis 18 Jahre alt, zwei Kinder unter 14 Jahren sind auch darunter.

Unter die jugendlichen Mehrfachtatverdächtigen, wie die Polizei diese Klientel nennt, fallen auch Jungen und Mädchen, die durch Delikte wie Schwarzfahren oder kleinere Ladendiebstähle aufgefallen sind. Die Zahl der jugendlichen Mehrfachtatverdächtigen – dazu gehört man, wenn man mehr als fünfmal im Jahr straffällig geworden ist – sind für Essen und Mülheim insgesamt fast unverändert: 177 waren es im Jahr 2015, 176 im Jahr davor. Der Fokus der Beamtinnen und Beamten in der EG Jugend fällt zunächst auf jene, die durch Gewalttaten wie Raub oder schwere und gefährliche Körperverletzung aufgefallen sind. Die Polizei bewertet die Schwere der Taten nach einen Punktesystem und entscheidet danach, wer in das Programm aufgenommen wird.

Jugendliche Intensivtäter, weiß die Polizei, sind eine kleine Gruppe, die aber besonders auffällig ist. Sie machen etwa 3 bis 5 Prozent der straffälligen Jugendlichen aus – und das bundesweit, erklärt Martin Kielbassa. Die neun Mitarbeiter der EG Jugend in Essen, die jeweils etwa zehn, zwölf der jungen Leute im Auge haben, arbeiten eng mit Jugendgerichtshilfe, Jugendamt oder Staatsanwaltschaft zusammen, machen quasi Fallkonferenzen. Ohne diese Kooperationen wäre die Arbeit nicht erfolgreich. Die Kripoleute gehen in Schulen und zu den Familien. „Wir gucken uns“, so Kielbassa, „den einzelnen Probanden ganz genau an.“

Die Ermittler, die zum Raubkommissariat KK 31 gehören, kennen ihre „Pappenheimer“. Sie erkennen sie auch, wenn es Zeugenhinweise gibt, etwa bei neuen Straftaten: „Dann werden wir aktiv“, betont Vanessa Horn. Die Kriminaloberkommissarin arbeitet mit einem weiteren Kollegen in Mülheim. Die Polizisten kennen die Orte, an denen sich die Jugendlichen treffen, suchen sie in der Müga auf und am Forum, sprechen sie an, klingeln auch bei ihnen zu Hause. „Wir sagen denen deutlich: Ab jetzt beobachten wir dich ganz genau“, so Martin Kielbassa. Alle Fäden, alle Taten laufen bei einem Sachbearbeiter zusammen. Das wichtigste Ziel ist nicht, die Jungen (und die wenigen Mädchen) einzusperren, sondern sie davon abzuhalten, weiterhin straffällig zu werden. Und das bei aller Konsequenz: 19 der insgesamt 72 Intensivtäter waren Ende 2015 in Haft. Doch auch da reißt der Kontakt zur Polizei nicht ab. „Auch das“, sagt Vanessa Horn, „gehört ja zu unseren Aufgaben.“

Viele führen später ein Leben ohne Straftaten

In diese Polizeiarbeit fließt viel Engagement, die Beamten der EG Jugend leisten Präventionsarbeit, die ist nicht so ganz leicht zu messen. „Ein Drittel erreichen wir nicht,“ schätzt EG-Leiter Martin Kielbassa. Er sagt auch: „Rund zwei Drittel der Jugendlichen erreichen wir, 38% fallen gar nicht mehr auf.“

Je älter die Jugendlichen seien, umso schlechter sind sie zu erreichen, so die Erfahrung, bei Jüngeren sind die Erfolge größer. Wobei Erfolg bedeutet, dass die Jugendlichen künftig ein Leben ohne Straftaten führen. Und das gelingt oft genug, was viele persönliche Erlebnisse der Beamten zeigen, wenn die Jungen und Mädchen erwachsen geworden sind, „in der Spur“ laufen und einfach mal so vorbeischauen bei „ihrem“ Ermittler. Der (oder die) eine Zeit lang eben nicht nur der Aufpasser war und der Strafverfolger, sondern auch Bezugsperson und Kompass.

Vanessa Horn: „Die meisten probieren sich aus, dann läuft was schief, und sie hören mit den kriminellen Taten nicht auf.“ Bis ihnen jemand die rote Karte zeigt. KHK Kielbassa hat auch die Jungs noch im Augenwinkel, für die er nicht mehr zuständig ist, weil sie nicht mehr in der Stadt sind. Zum Beispiel ein junger Intensivtäter aus Essen, der vor zwei Jahren Schlagzeilen machte, weil die Stadt ihn von einem Sicherheitsdienst überwachen ließ. Der sei inzwischen „auf einem guten Weg.“