Mülheim. Fast 90 Prozent der Wirbelsäulenbeschwerden lassen sich durch konservative Medizin beherrschen. Das Thema Rücken im WAZ-Medizinforum im Marien-Hospital.
24 Wirbel, 23 Bandscheiben, umgarnt und durchzogen von Muskeln, Gefäßen und Nervenbahnen – die Wirbelsäule ist komplex, muss jede Menge Last aushalten und bereitet oft Probleme. 84 Prozent aller Menschen klagen irgendwann über Rückenschmerzen. Ab dem 30. Lebensjahr geht es los, ab den 50. Lebensjahr ist fast jeder Zweite betroffen. „Fast 90 Prozent der Beschwerden können jedoch durch eine konservative Therapie beherrscht werden“, sagt Dr. Gregor Walter beim WAZ-Medizinforum im Marien-Hospital.
Walter ist Oberarzt im Zentrum für konservative und chirurgische Wirbelsäulentherapie, das es seit gut einem Jahr am Marien-Hospital gibt. Spezialisten mit einem orthopädischen, chirurgischen oder auch neurochirurgischen Schwerpunkt kümmern sich dort um die Patienten.
Die Diagnose beginnt der Mediziner beim Betrachten der Körperhaltung. Beim Dehnen und Drücken erfährt der Arzt noch mehr über den Zustand der Wirbelsäule. Röntgenuntersuchungen, eine Computertomographie oder ein MRT (Magnetresonanztomographie) geben weitere Aufschlüsse. Wichtig, so Walter, seien auch Laboruntersuchungen. Es sei durchaus möglich, dass der Rückenschmerz gar nicht bei der Wirbelsäule, sondern ganz woanders gesucht werden müsse.
Oft minimal-invasive Eingriffe möglich
Wärmetherapie, Massagen, Akupunktur, Schmerzmittel, Physiotherapie, lokale Betäubungsmittel, Cortison, Medikamentengaben direkt an den Knochen – der Oberarzt stellte eine große Bandbreite von konservativen Therapien vor, wobei er betonte: Bleiben Sie aktiv! Bettruhe wird eher als nachteilig angesehen.
In 10 bis 20 Prozent der Fälle, so der Leiter des Zentrums für Wirbelsäulentherapie, Privatdozent Dr. Christian Hessler, könne den Patienten mit einer konservativen Therapie nicht mehr geholfen werden. Das ist der Fall, wenn etwa schon Lähmungserscheinungen festzustellen seien, es zu einem Bruch oder Bandscheibenvorfall gekommen sei. Wie bei der Behandlung des Bandscheibenvorfalls könne dabei inzwischen oft minimal-invasiv operiert werden, ein zwei Zentimeter breiter Schnitt reicht den Medizinern schon aus, um zur Schadensstelle zu gelangen.
Verengung des Wirbelkanals gegen Gehstreckenverkürzung
Ein häufiger Grund, der zum Bruch von Wirbeln führt, ist Osteoporose, der Knochenschwund, wodurch die Stabilität des Knochens massiv eingeschränkt wird. „Manchmal reicht schon ein Kasten Wasser, den man anhebt, aus, und einer der Wirbel zerbricht“, sagt Hessler. Etwa jeder Vierte ist ab dem 50. Lebenjahr betroffen. Als Vorbeugung empfehlen die Mediziner nicht nur calciumreiche Nahrung, sondern auch hier wieder viel Bewegung, am besten im Freien, weil dabei durch die Sonne die Produktion von Vitamin D angeregt werde.
Vier Medizinforen im Jahr
Im Jahr veranstaltet die WAZ-Lokalredaktion Mülheim mit den Krankenhäusern vier Medizinforen.
Das nächste Forum findet am 11. Juni um 11 Uhr im Evangelischen Krankenhaus statt. Dann geht es um alternative Behandlungen bei Krebserkrankungen.
Ein verbreitetes Problem, das sich ebenfalls gut minimal-invasiv behandeln lässt, ist eine Verengung des Wirbelkanals. Dadurch entsteht Druck auf Nervenbahnen und Blutgefäße. Eine Folge ist die so genannte Gehstreckenverkürzung. Betroffene müssen nach wenigen Metern immer wieder pausieren. Die Operation, so Hessler, dauere etwa eine Stunde, die Verengung wird beseitigt, nach drei bis fünf Tagen kann der Patient die Klinik wieder verlassen.