Mülheim. . Mit seinem Philosophischen Abend-Café will Peter Leitzen zum Denken anregen. Dieses Mal ging es um ein aktuelles Thema: Mitleid

Peter Leitzen ist eine Art Trainer. Bei ihm kann man lernen, wie man durch gute Fragen Erkenntnisfortschritte erzielt. Der 67-Jährige ist Philosophie-Lehrer. Zwar pensioniert, aber nicht im Ruhestand. Er steht jetzt nicht mehr am Pult, sondern an diesem Abend an einem Bistro-Tisch im Saarner „La petite vie“. Die rund 30 Gäste in dem Lokal an der Düsseldorfer Straße diskutieren. Schaut man auf das Mienenspiel von Leitzen, so gleicht es eben dem Trainer, der von Rand aus das erfolgreiche Spiel seiner Mannschaft verfolgt. Er ist zufrieden, seine Strategie ist aufgegangen, die Übung gelungen: Denn die Menschen reden nicht nur miteinander, sie philosophieren tatsächlich. Auch wenn sie es vielleicht auf Anhieb gar nicht merken. Aber das ist eben der Trick: Philosophie über die Hintertreppe.

Seine Aufgabe sieht er darin, einen Anstoß zu geben. Das fängt schon bei der Themenwahl an. Heute geht es um das Mitleid. Ziemlich aktuell, genau dieses Gefühl rufen die Bilder von den Flüchtlingen hervor – oder eben auch nicht. In einer kleinen Einführung zeigt Leitzen, dass es in der Philosophie ganz unterschiedliche Vorstellungen dazu gibt. Friedrich Nietzsche (1855 -1900) hat dieses Gefühl abgelehnt. Er sah im Leiden eines Menschen etwas sehr Individuelles. Ja etwas, was den Einzelnen auch in seiner Persönlichkeit bestimme. Wenn nun ein Anderer Mitleid zeige, stünde dahinter letztlich Ignoranz. Er nehme das Leben des Anderen nicht ernst, erkenne nicht, dass das Leid auch Ausdruck von dessen Persönlichkeit sei. Stattdessen instrumentalisiere er es, um sich selbst moralisch überlegen zu fühlen.

Gegensätzliche Meinungen

Ganz anders Arthur Schopenhauer (1788 - 1860): Er ist zwar auch der Auffassung, dass jedes Individuum in seinem Handeln darauf abziele, seine eigenen Ziele zu verfolgen. Es könne aber möglich sein, dass ein Einzelner sich mit einem Anderen so stark identifiziere, dass er tatsächlich auch ein echtes Mitgefühl für dessen Schicksal empfinden könne. Zum Schluss schlägt Leitzen wieder einen Bogen zur Gegenwart: Ändert die Tatsache, dass sich unter dem Mob in Köln auch einige Flüchtlinge befanden, etwas an dem Mitleid gegenüber diesen Menschen?

Die Debatte geht gleich los: „Nein, das finde ich nicht. Mitleid bezieht sich doch immer auf einen einzelnen Menschen. Die Gruppe, der er angehört, spielt da keine Rolle“, sagt eine Frau. Ihr Nebenmann ergänzt: „Hängt es von den Eigenschaften eines Menschen ab, ob ihm unser Mitleid zusteht? Die Situation, in der er unser Mitleid hervorruft, hängt ja mit einer anderen Situation, in der er vielleicht auch negativ handelt, nicht direkt zusammen?“ So geht es weiter. Eine endgültige Antwort finden die Teilnehmer an diesem Abend nicht. „Philosophie ist ein Prozess, der nie endet“, ist Leitzen überzeugt.

Anmeldungen erbeten

Schon zum achten Mal fand jetzt das Philosophische Abend-Café im „La petite vie“ an der Düsseldorfer Straße statt.

Auch das Thema für den nächsten Abend steht schon fest: Dann soll es um „Freundschaft“. Im Mittelpunkt stehen die Gedanken von Michel de Montaigne.

Wer sich dafür interessiert, kann sich im Café anmelden unter: 30 21 00 34.