Mülheim. . Unternehmen am Flughafen Essen/Mülheim wollen den dortigen Landesanteil übernehmen. Während die IHK den Vorstoß begrüßt, gibt es im Rathaus große Zweifel.

Start in eine neue Zukunft? Auch wenn rechtlich die Übernahme der Landesanteile am Flughafen durch die dort ansässigen Unternehmen möglich ist, werden dem wenig Chancen eingeräumt. Beide Städte, Essen und Mülheim, müssten der Übernahme zustimmen, sagt Stadtdirektor Frank Steinfort und kann sich nicht vorstellen, dass dies nach all den Beschlüssen und Kämpfen zum Flughafen passieren könnte. Die Grünen als vielleicht stärkster Verfechter des Ausstiegs aus dem Flugbetrieb halten von dem Vorschlag gar nichts: „Alter Wein in neuen Schläuchen“, sagt Tim Giesbert, der Fraktionschef.

Das Land ist neben den Städten zu einem Drittel an der Flughafen GmbH beteiligt und klagt derzeit auf Auflösung der Gesellschaft. Geld investiert das Land schon jetzt nicht mehr in den Flughafen, das jährliche Defizit von rund 500 000 Euro teilen sich die Kommunen. Die Unternehmen haben sich zu dem Verbund „Wir sind Flughafen“ zusammengeschlossen und in einem Brief an das NRW-Verkehrsministerium angeboten, das Landesdrittel zu übernehmen, vorausgesetzt, sie könnten den Betrieb des Flughafens bis zum Auslaufen des letzten Pachtvertrages im Jahre 2034 fortführen. Die Unternehmen wollen das Defizit drücken.

Vorgezogenes Weihnachtsgeschenk für die Mülheimer Politik?

Für Dieter Wiechering (SPD) ist das ein ernst zu nehmender Vorschlag. Es gehe schließlich auch um Existenzen. „Wir werden aber erst einmal die Klage des Landes abwarten müssen.“ Zudem ist er sicher: „Es wird nicht reichen, nur dem Land einen Brief zu schicken.“ Persönliche Kontakte seien wichtig. Wiechering ist überzeugt, dass die heimische Wirtschaft das Vorhaben der Flughafen-Unternehmen unterstützen wird.

Sie tut es umgehend: „Das ist eine positive Botschaft der am Flughafen angesiedelten Unternehmen. Dieses vorgezogene Weihnachtsgeschenk sollte die Politik annehmen und mit den Betrieben an der Wirtschaftlichkeit des Flughafens arbeiten“, sagt die stellvertretende IHK-Hauptgeschäftsführerin Veronika Lühl. Es könne nicht im Interesse der Städte sein, erfolgreiche Unternehmen samt Arbeitsplätzen ziehen zu lassen.

2024 endet der Pachtvertrag für das Gelände des Flughafens

Diese Turbulenzen zwischen Wirtschaft und der breiten politischen Mehrheit in den beiden Städten sowie des Netzwerkes gegen Fluglärm bestehen schon lange. „Seit zehn Jahren ist klar, dass die Städte den Ausstieg aus dem Flugbetrieb wollen“, sagt Waldemar Nowak, Sprecher des Netzwerkes. Politisch ist das längst eindeutig festgelegt. Daran sind auch die beiden neuen Oberbürgermeister, Ulrich Scholten (SPD) und Thomas Kufen (CDU), gebunden. Jenseits der Mülheimer SPD ist nicht zu erkennen, dass die Politik von ihrem Aus zum Flughafen noch einmal auch nur ansatzweise abweichen will. Die Subventionen des Flughafen müssten endlich beendet werden, fordern die Grünen. Jedes andere Szenario auf dem 140 Hektar großen Gelände wäre für die Städte deutlich wirtschaftlicher als der Flugbetrieb“, sagt Nowak und verweist darauf, dass die Grundstücke derzeit zum Nulltarif zur Verfügung gestellt werden.

Mancher glaubt in der Stadt, dass sich bis 2024 am Status quo wenig ändern wird. Dann endet der Pachtvertrag mit dem Luftfahrtunternehmen Wüllenkemper. Rahmenbedingungen für einen möglichst verlustfreien Ausstieg zu schaffen, darin sieht Steinfort eine wichtige Aufgabe in nächster Zeit. Ein Gutachter, so Steinfort, stellt gerade wirtschaftliche Szenarien auf: Was kostet der Ausstieg aus dem Flugbetrieb zu welchem Zeitpunkt? Keine leichte Aufgabe. Parallel werden 2016 die Bau- und Planungsdezernate beraten, wie das Gelände in Zukunft entwickelt und genutzt werden kann. „Wir würden es begrüßen“, so Giesbert, „wenn dies in enger Abstimmung auch mit Bürgern erfolgt.“