Mülheim. . „Sonderzüge in den Tod“: Eine Ausstellung über die Deportationen von Juden, Sinti und Roma mit der Deutschen Reichsbahn ist jetzt im Haus der Stadtgeschichte zu sehen.

Deklariert als ganz normale Sonderzüge, die außerhalb des Fahrplans fuhren. Durchnummeriert mit einem sarkastischen Codewort. Transportiert zu Schreckenszielen und zum Sammeltarif. Eine Ausstellung im Haus der Stadtgeschichte widmet sich der Deportation von rund drei Millionen Menschen durch die Deutsche Reichsbahn in die nationalsozialistischen Vernichtungslager.

„Die Ausstellung erinnert an das unermessliche Leid, das Tausenden von Juden, Sinti und Roma widerfahren ist. Auch wenn keine Mülheimer Biografien vorkommen, zeigt es deutlich einzelne Schicksale auf“, erläuterte Dr. Kai Rawe, Leiter des Stadtarchivs in seiner Eröffnungsrede. Schließlich seien auch von Mülheim Deportationen in die Konzentrationslager gestartet. Dr. Susanne Kill, Historikerin der Deutschen Bahn AG, erläuterte die Schwerpunkte der Wanderausstellung.

Auch von hier gingen Fahrten los

Diese beruhe auf der im Museum der Deutschen Bahn in Nürnberg gezeigten Dauerausstellung zur Geschichte der Reichsbahn im Nationalsozialismus. „Viele Juden flohen nach Frankreich und wähnten sich dort in Sicherheit, bis die Nazis auch dort einmarschierten. Die Fotos und Biografien der aus Frankreich deportierten Kinder haben Serge und Beate Klarsfeld für die Wanderausstellung recherchiert und zusammengestellt“, so Kill. Klarsfelds Ohrfeige für Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger machte sie weltberühmt. Mit ihrem Mann Serge brachte sie viele Nazi-Verbrecher vor Gericht. Dafür erhielten beide das Bundesverdienstkreuz.

Über den Weg einer angemessenen Auseinandersetzung mit den Verbrechen des Nationalsozialismus wird seit Jahren eine öffentliche Diskussion geführt. Im Blickpunkt des Interesses steht auch der Umgang der Deutschen Bahn AG mit dem Erbe der deutschen Bahngeschichte und der Beteiligung dieser an Holocaust und Vernichtungskrieg. „Vor dem Zweiten Weltkrieg hatte die Deutsche Reichsbahn rund eine Millionen Beschäftigte, es war ein Querschnitt der Bevölkerung“, erklärte die Historikerin in ihrer Rede. Und so gab es auch in diesem Staatsbetrieb zahlreiche NS-Keimzellen. Wer nicht mitzog, wurde denunziert und landete im KZ Dachau.

Die Ausstellung zeigt Einzelschicksale von Kindern, Frauen und Männern, die von ihren Heimatorten in Ghettos und schließlich in den sicheren Tod transportiert wurden. Oberbürgermeister Ulrich Scholten wies in seiner Rede auf genau diesen Aspekt hin: „Es ist sehr wichtig, Erinnerungen an diese Menschen zu bewahren.“ Er lobte in diesem Zusammenhang den Arbeitskreis Stolpersteine: „Dies ist eine besondere Form der Erinnerungskultur.“