Mülheim. Nach zwölf Jahren endet um Mitternacht die Amtszeit von Dagmar Mühlenfeld. Sie hat gezeigt, dass man auch in einer Stadt ohne Geld gestalten kann.
Um Mitternacht endet heute die Amtszeit von Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld (64). Nach zwölf Jahren verlässt sie den Chefsessel im Rathaus. Ihr Nachfolger Ulrich Scholten (57), ebenfalls Sozialdemokrat, erhält am Mittwoch die Ernennungsurkunde.
Dagmar Mühlenfeld war gerne Oberbürgermeisterin, gerade in ihrer Heimatstadt Mülheim, wo sie aufgewachsen und zur Schule gegangen ist, wo sie das Abitur gemacht und die Luisenschule geleitet hat. Bereits vor einigen Monaten hat sie für sich Bilanz gezogen: „Auch in finanziell schwierigen Zeiten lässt sich eine Stadt gestalten“, sagte sie und verbirgt nicht einen gewissen Stolz darauf, was sie mit anderen erreicht hat. Und wenn 86 Prozent der Bürger heute in Mülheim sagen, dass sie gerne in dieser Stadt leben, ist das auch für ein Stadtoberhaupt eine Genugtuung.
Was bleibt von ihr hängen? Dagmar Mühlenfeld war eine sehr umtriebige Oberbürgermeisterin. Kluge Köpfe haben einmal nachgerechnet, dass sie etwa alle drei Wochen ein neues Projekt auf den Weg brachte. Ihr größtes, das wie kein anderes mit ihrer Amtszeit verbunden bleibt, ist Ruhrbania. Ruhrbania ist dabei mehr als nur die Umgestaltung der Ruhrpromenade. Es steht für einen Stadtwandel an vielen Stellen. Bis heute ist es das umstrittenste Projekt in der Stadt, wenn auch Kritiker leiser werden.
Ein Jahrhundertereignis für die Stadt
Unbestrittene Verdienste hat sich die 64-jährige Heißenerin um die Schullandschaft erworben. Aus eigener Erfahrung wusste sie: Das, was Mülheim Schülern und Lehrern zumutet, ist mangelhaft. Gut 200 Millionen Euro wurden in den vergangenen Jahren in die Erneuerung der Schulen investiert. Mülheim als Bildungsstadt von hoher Qualität – das war und ist eines ihrer Herzensanliegen.
Ein Stadtoberhaupt allein kann wenig bewegen, das hat sie schnell gelernt. Seit an Seit mit der Wirtschaft und dem Stadtrat gelang es ihr, Mülheim auf der Karte der Hochschulen zu verankern. Die Gründung der Hochschule Ruhr West bezeichnet sie einmal als Jahrhundertereignis.
Dagmar Mühlenfeld war der Typ Oberbürgermeister/in, der über die Stadtgrenzen hinaus wirkte. In Sachen Finanzen ist sie eine Art Vorkämpferin dafür geworden, dass es Bund und Land nicht egal sein darf, wie sich die Lebensverhältnisse in den Kommunen auseinander entwickeln. In ihrer Rolle als Sprecherin des Bündnisses „Raus aus den Schulden“ hat sie anderswo allerdings mehr Anerkennung erhalten als in Mülheim, das bisher bei dem Kampf um mehr Geld leer ausging.
Längst nicht alles gelang ihr: Die Verschuldung der Stadt erreichte ungeahnte Höhen, ihr Traum von einer Zukunftsschule platzte an den Mehrheitsverhältnissen im Rat. Und am Flughafen erlebte sie eine Bauchlandung statt neue Höhenflüge.
Innenstadt bleibt das Sorgenkind
Die Sanierung des historischen Rathauses, die Errichtung des Medienhauses, die Umgestaltung der Sportplätze von Asche auf Rasen – es wurde viel gebaut zur Zeit von Dagmar Mühlenfeld. Und zu guter Letzt konnte sie auch noch dem Startschuss für den Umbau des ehemaligen Kaufhofes zum Stadtquartier mit Hotel, Wohnungen, Handel und Gastronomie beiwohnen.
Längst nicht alles erntete Begeisterung, was unter ihrer Ägide stattfand. Die Verkehrssituation wird nach wie vor als unpraktisch empfunden. Die Sorge, dass die „Wohnstadt Mülheim“ zu viel ihres Grüns opfern könnte, führte mehrfach zu Auseinandersetzungen. Die Innenstadt bleibt das große Sorgenkind. Die meisten Mülheimer sind damit unzufrieden. In der Innenstadt war man zwar nicht untätig, aber es wurde deutlich, dass eine Stadtspitze gegen viele Entwicklungen machtlos ist. Daran wird auch ihr Nachfolger zu knacken haben.
Politisch nicht unumstritten
Politisch war Dagmar Mühlenfeld nicht unumstritten. Über all die Jahre wurde ihr vorgeworfen, eben nicht jene Transparenz an den Tag zu legen, die sie selbst immer vorgab. Im Gegenteil: Gar nicht so selten sah sie sich dem Vorwurf gegenüber, nicht alle im Rat – jenseits der SPD – über alles ausreichend zu informieren. Sie selbst hat das immer bestritten. Das Klima im Rat war als Folge nicht immer das beste. Die SPD, deren stellvertretende Vorsitzende sie ist, hat es auch deshalb zuletzt schwer gehabt, verlässliche Partner in der Stadtpolitik zu finden.
Bürgernähe verspricht jeder OB. Dagmar Mühlenfeld hat daran gearbeitet, sie hat Türen geöffnet, mit der Bürgeragentur eine direkte Anlaufstelle für die Mülheimer zur Stadtverwaltung geschaffen, sie hat Bürgersprechstunden eingeführt, Gesprächsrunden mit Jugendlichen durchgeführt, Bürgerempfänge organisiert wie Diskussionen zum Leitbild der Stadt – offen für alle.
Sie konnte sehr herzlich im Umgang sein, trat stets dem Anlass entsprechend professionell auf, wurde aber eben auch manchmal wie eine strenge Lehrerin empfunden. Wo immer es möglich war, warb sie für das Ehrenamt, für das Ehrenamt in der Kommunalpolitik als Pfeiler der Demokratie. Auch das bleibt von ihr hängen.