Mülheim. . Die Stadtspitze warnt davor, die Kommunen mit den erneuten Belastungen durch die Flüchtlingskrise hängen zu lassen.
Die Stadt sieht sich angesichts der Flüchtlingswelle zusätzlich hohen finanziellen Belastungen ausgesetzt. Neben den 77 Millionen, die ohnehin in diesem Jahr dem Kämmerer in der Kasse fehlen, kommen jetzt noch weitere neun Millionen Euro hinzu, die die Stadt für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen aufbringen muss.
Etwa 33 Millionen Euro, so hat Kämmerer Uwe Bonan aktuell errechnet, muss die Stadt Mülheim im nächsten Jahr für die Flüchtlingsversorgung aufwenden. „Wir erhalten davon lediglich 13 Millionen von Land und Bund erstattet“, so Bonan. Die Erstattung wird noch mal um drei Millionen steigen, wenn die bereits zugesagte Bundeshilfe eintrifft. Das ist die derzeitig gültige Regelung, von der die Stadt hofft, dass sie so nicht bleibt. „Wir stehen auch unter dem Druck“, so Bonan, „bis 2020/21 einen ausgeglichenen Haushalt der Bezirksregierung vorzulegen.“ Zweistellige Millionenausgaben für die humanitäre Hilfe seien unter den Vorgaben jedoch nicht zu stemmen.
Eines hat die Stadtverwaltung gestern noch einmal deutlich gemacht: Sie werde alles tun, um Flüchtlingen eine halbwegs humanitäre Versorgung zu bieten, sie werde aber auf keinen Fall im Gegenzug städtische Maßnahmen für die Infrastruktur kürzen oder gar streichen. Auch will man keine weiteren Sparvorschläge der Politik unterbreiten, um die 20 Millionen für die Flüchtlingsunterbringung aus eigener Kraft aufzubringen. Dies würde nämlich im Ernstfall bedeuten, so Bonan: 400 Stellen in der Stadtverwaltung abzubauen oder die Grundsteuer für alle nochmals um 310 Prozentpunkte zu erhöhen. Dies wäre, so der Kämmerer, gesellschaftspolitischer Sprengstoff.
„Ohne Kommunen, die anpacken, wäre die Bundespolitik ein Papiertiger, der anordnet, jedoch in vielen Fällen selbst nichts realisieren kann“, betont Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld.
Lebensverhältnisse in Städten
Das zeige aktuell die Unterbringung der Flüchtlinge. „Da können in Berlin oder den Landeshauptstädten noch so viele weltbewegende Erklärungen abgegeben werden, ohne Kommunalverwaltungen und Ehrenamtler in Städten und Gemeinden geht es nicht.“ Deshalb hoffen die Städte, dass Bund und Länder Lehren ziehen und den Mut haben, die Kommunalfinanzen grundsätzlich neu zu ordnen.
In der kommenden Woche, am 24. September, findet in Berlin die Plenardebatte des Deutschen Bundestages zur nicht mehr gegebenen Gleichheit der Lebensverhältnisse in den Kommunen statt. Dafür hatte sich das Städtebündnis „Raus aus den Schulden“, an deren Spitze die Mülheimer Oberbürgermeisterin und der Mülheimer Kämmerer stehen, stark gemacht. Die Stadtspitze erhofft sich in Berlin konkrete politische Schritte, um die kommunale Finanzlage zu verbessern.
Das Aktionsbündnis warnt, dass das Gesellschaftssystem in Gefahr gerate, falls viele Kommunen trotz eigenen Sparens die Kommunale Daseinsvorsorge nicht mehr garantieren können.