Mülheim. . Sara Surau und Heike Schlacht aus Speldorf haben ehemalige Zucht-Hündinnen aufgenommen, die ausschließlich der Vermehrung von populären Rassen dienten. Die Tiere haben viel erleiden müssen, erzählen die Hundehalterinnen.
Niedlich, so ein Wurf Hundewelpen, tapsig und unbeholfen. Und da bietet sie doch tatsächlich jemand aus seinem Kofferraum heraus an, die armen Wesen. Da muss man doch helfen und einen dieser Hunde kaufen, ihm ein Zuhause geben . . .
Und schon setzt sich das Leid von Hunden wie Wilma und Hilde fort, die jahrelang als Zuchtmaschinen für Moderassen wie Mops, Englische und Französische Bulldogge gehalten wurden – eingepfercht in Käfigen, in ihren eigenen Exkrementen, nie Sonnenlicht gesehen haben oder über eine grüne Wiese schnüffeln durften. Heute streifen Wilma, die Englische Bulldogge, und Hilde , die Mops-Hündin, fröhlich durch den Speldorfer Wald – beinahe wie ganz normale Hunde. Schaut man allerdings genauer hin, fällt einem Wilmas Hängebauch auf, ausgeleiert von zig Trächtigkeiten. „Unser Tierarzt hat festgestellt, dass sie mindestens vier Kaiserschnitte durchgemacht hat. Danach war sie unbrauchbar und ist aussortiert worden“, erzählt Sara Surau.
Sie hat die Hündin vor rund zwei Monate gemeinsam mit ihrer Mutter Heike Schlacht von dem Verein Plattnasenhilfe e.V. übernommen, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, Hunde aus qualvollen Vermehrer-Zuchten zu retten und zu vermitteln. Mops-Hündin Hilde, die seit etwa anderthalb Jahren bei Sara Surau und ihrer Mutter lebt, stammt aus einer Zucht in der Slowakei. „Wir dachten, wir nehmen sie mit, damit sie in Ruhe sterben kann“, erinnert sich Heike Schlacht an den ausgemergelten Hund. Mit viel Liebe und noch mehr Tierarztbesuchen ist Hilde heute für ihre Alter wieder fit. Vergessen aber hat sie ihre Vergangenheit nicht. Berührt man sie am Kopf, zuckt sie unweigerlich zusammen. „Als ob sie immer nur geschlagen worden sei“, meint Heike Schlacht und sagt: „Die Hunde lernen bei uns erst das Leben kennen und beweisen trotz allem ein Urvertrauen.“
"Jeder der Hunde bringt seine Geschichte mit"
Gegen die massenhafte Produktion von Welpen
Der Verein Plattnasenhilfe e.V. wird von Ehrenamtlichen aus dem Raum München organisiert. Er setzt sich für Hunde ein, die aus unwürdigen Zuchtbedingungen stammen. Dazu zählen Betriebe in Deutschland, aber auch in der Slowakei, Ungarn, Tschechien und Spanien.
Weitere Informationen unter www.plattnasenhilfe.de
Doch wer sich bereit erkläre, solch einem Wesen ein neues – ein richtiges – Zuhause zu bieten, darf die Augen nicht verschließen vor dem, was das Tier erlebt hat. „Jeder der Hunde bringt seine Geschichte mit, darauf muss man gefasst sein“, sagt Sara Surau. Sie unterstützt den Verein Plattnasenhilfe e.V., der vor allem auch Aufklärung betreiben will – darüber, wie die niedlichen Welpen der aktuellen Moderassen zu Stande kommen, wenn sie billig am Straßenrand angeboten werden. Sara Surau hofft: „Irgendwann müssen die Leute doch verstehen, dass hinter den süßen Hundekindern arme Elterntiere stecken.“ Nur so könne die Nachfrage nach immer mehr billigen Welpen der angesagten Hunderassen gebremst werden.
Kürzlich hat die 30-Jährige im Namen des Vereins ein Treffen für die so genannten Vermehrer-Hunde in den Styrumer Ruhrwiesen organisiert, um auf das Leid der Tiere aufmerksam zu machen. „Etwa 30 Leute waren da mit 22 Hunden. Daraus werden sich auch Vermittlungen ergeben.“ Damit wären wieder einige arme Kreaturen gerettet – und Menschen gewonnen, die in ihrem Umkreis auf das Elend der Vermehrer-Hunde aufmerksam machen, hofft Sara Surau und streichelt Wilma behutsam.