Über 30 Prozent machen eine Eingabe. Die Stadt aber sieht keine Verschärfung der Parksituation. Im Vergleich zu Großstädten wie Düsseldorf seien die Zustände "paradiesisch".

Rund 50 000 Knöllchen schreiben die Verkehrsaufseher im Jahr. Falschparker in allen Varianten. Doch längst nicht jeder ist mit der Verwarnung einverstanden. „Zwischen 30 und 40 Prozent der Autofahrer”, sagt der stellvertretende Ordnungsamtsleiter Bernd Otto, „machen eine Eingabe.” Sie erklären, bitten, beschimpfen oder beklagen die schwierige Parksituation in Mülheim. Zum Beispiel Andreas Wellhöfer.

Der Mann aus Winkhausen war in Not, wie er schildert. „Ich hatte unerträgliche Zahnschmerzen, konnte kaum noch mit dem Auto fahren.” Rund um das Ärztehaus am Evangelischen Krankenhaus suchte er einen Parkplatz. „Die Tiefgarage war voll.” Er kurvte, suchte, war verzweifelt, wie er mehrfach betont. Da habe er sich auf einen der Behinderten-Parkplätze gestellt, aber noch einen Zettel hinter die Frontscheibe gelegt: „Schmerzpatient. Bin in der Praxis”, stand darauf. Dazu seine Telefonnummer. Als er den Zahnarzt verließ, war er die Schmerzen los, aber auch 35 Euro, die das Knöllchen kostet.

Behinderten-Parkplätze sind tabu

Für Otto steht fest: Behinderten-Parkplätze sind tabu. Keine Kompromisse! „Wer dort falsch parkt, fügt denen Schaden zu, die auf Hilfe angewiesen sind.” Dennoch wird man im Ordnungsamt auch diesen Fall prüfen, wie jeden anderen, der mit einer Eingabe ins Amt kommt. Im Zweifel werde noch einmal Rücksprache mit dem Verkehrsaufseher genommen. Doch nur ein geringer Anteil der Einsprüche sei letztlich nachvollziehbar. Dann werde eingestellt, oder das Verwarnungsgeld zumindest reduziert. Anders als andere Kommunen tritt die Stadt Mülheim nach einer Eingabe nicht sofort ins Bußgeldverfahren ein, wie der Gesetzgeber es zulässt. „Wir sind hier bürgerfreundlicher als andere.” Heißt: Wird die Eingabe abgelehnt, bleibt es bei dem Verwarnungsgeld, das zwischen fünf und 35 Euro liegt.

Steigendes Parkplatzangebot

Nicht nachvollziehen kann man bei der Stadt die Vorwürfe, die Parkplatznot habe sich in Mülheim in letzter Zeit weiter verschärft. Immer wieder tauchen Klagen darüber auf, etwa rund um die Altstadt oder im Bereich Muhrenkamp. „Ich sehe eher ein steigendes Parkplatzangebot”, sagt Otto und verweist auf zusätzliche Stellplätze an der Schollenstraße oder auf dem Rathaus-Markt, seitdem dort die Marktstände weg sind. Es gebe immer wieder mal zeitlich begrenzte Engpässe, auch in Stadtteilen, aber im Gegensatz zu anderen Großstädten sei das alles erträglich, „verglichen mit Düsseldorf paradiesisch”. Jeder Autofahrer findet aus Sicht der Ordnungsbehörde in zumutbarer Entfernung einen Parkplatz.

„Wir sehen daher auch keinen Anlass, ein Anwohner-Parksystem für einzelne Quartiere einzuführen”, so der stellvertretende Amtsleiter. Er ist überzeugt, dass dies nicht zu einer größeren Zufriedenheit führen würde. Auf Anwohner kämen Kosten zu, ohne dass sich ihr Parkangebot vor der Tür verbessern muss.

Andreas Wellhöfer fühlt sich in jedem Fall abgezockt. Dabei könnte er durchaus mit einer gewissen Nachsicht rechnen, wenn er eine ärztliche Bescheinigung für seine Notlage vorlegt.