Mülheim. Unternehmen und künftige Azubis gehören zusammen. Bei der großen Ausbildungsmesse in der Stadthalle lernen sie sich kennen. Das Angebot gibt es schon zum achten Mal in diesem Jahr.
Es ist ein bisschen so wie beim ersten Date: Damit es zwischen einem Jugendlichen und seinem künftigen Ausbildungsbetrieb richtig funkt, müssen sich beide Seiten etwas Mühe geben. Dazu gehört auch das äußere Erscheinungsbild: Gleich am Eingang zur Stadthalle können sich die Jugendlichen aufhübschen lassen. Wer es etwas seriöser haben will, der findet hier auch Sakkos oder Krawatten.
Der erste Eindruck zählt
Aber auch die Betriebe sind es, die um ihre künftigen Azubis werben. Und auch da zählt der erste Eindruck, also auch die Optik. „We want you“, darunter Uncle Sam, der auf den Betrachter zeigt: Dieses Schild hängt am Stand von der Neickenpartner Licht-Werbetechnik GmbH. Das Oberhausener Unternehmen hat in den letzten zehn Jahren seine Mitarbeiterzahl von zehn auf über 60 erhöht; der Geschäftsführung ist es wichtig, dass auch immer Azubis darunter sind. Die Branche ist jung und innovativ. Nur unter einem Schild- und Leuchtreklamehersteller kann sich eben so recht ein Jugendlicher nichts vorstellen. Deswegen hängen hier das „We want you“-Schild und andere Lichtinstallationen, die von den aktuellen Azubis hergestellt worden sind. Das wirkt. Und wenn Interessenten dann noch hören, dass etwa Leuchtreklame, die sie vom Shopping im Centro her kennen, hier hergestellt wird, dann kann es tatsächlich funken. Genau deswegen ist das Unternehmen bei der Messe mit dabei.
Eine etablierte Veranstaltung
1300 Schüler haben die Ausbildungsmesse besucht, die schon zum achten Mal in der Stadthalle stattgefunden hat. 60 Betriebe haben sich in diesem Jahr dort vorgestellt.
Geworben wird vor allem über die Schulen oder das U 25-Haus. Auch in diesem achten Jahr sind manche Schulen zum ersten Mal mit dabei, etwa die Gustav-Heinemann-Gesamtschule. Aber bestimmt nicht zum letzten Mal.
Es ist noch nicht selbstverständlich, dass Betriebe in dieser Weise um künftige Mitarbeiter werben, trotz des viel beschworenen Fachkräftemangels. Die Zahl der Ausbildungsbetriebe ist sogar im letzten Jahr gesunken, 23 Unternehmen weniger, Tendenz weiter sinkend. Vor allem im Mittelstand nehme die Bereitschaft ab, Lehrlinge zu beschäftigen. Jürgen Koch, Chef der örtlichen Agentur für Arbeit, kennt die Argumente: Die Jugendlichen seien nicht ausreichend qualifiziert. Doch für Koch ist das oft nur vorgeschoben: „Von den 200 Leuten, die im Moment unversorgt sind, hat gut die Hälfte eine Fachhochschul- oder Hochschulreife.“
Rentenwelle im Handwerk naht
Kochs zweiter Punkt: In zehn Jahren komme auf das Handwerk eine große Rentenwelle zu. Deswegen müsse jetzt schon auf Nachwuchs gesetzt werden. „Natürlich müssen sich die Bewerber bemühen. Aber ich finde, auch die Unternehmen müssen auf die Jugendlichen in ihrer Lebenswirklichkeit zugehen“, meint Koch.
Hier sieht Koch natürlich auch die Agentur für Arbeit in der Pflicht. In enger Abstimmung mit der städtischen Sozialagentur – gemeinsam hat man auch die Messe organisiert – wird stetig versucht, neue Unternehmen dazu zu gewinnen. „Das bedeutet in erster Linie: Klinken putzen. Aber wir konnten 63 Betriebe so neu anwerben“, sagt Koch. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist hier, dass auch für vermeintlich schwierige Fälle unter den Jugendlichen besondere Fördermöglichkeiten bestehen: So können etwa auch Sozialpädagogen eingesetzt werden oder der Jugendliche absolviert erst ein Probejahr – finanziert durch Fördermittel.