Mülheim. Ein Leser klagt: Das Diakoniewerk habe gut erhaltene Möbel abgelehnt. Dieses versichert: „Wir nehmen erst einmal alles mit.“ Ein Besuch im Möbelhaus.

Der Mülheimer Diakonie gehe es wohl zu gut, lautet der Vorwurf eines Lesers, der anonym bleiben möchte. „Wir wollten diverse noch gute Möbel einer Wohnungsauflösung spenden, doch die Diakonie lehnte die Spende ab“, schreibt der Mülheimer in einer Mail. Er ist sich sicher: „Flüchtlinge oder andere Bedürftige hätten sich über diese Möbel gefreut.“ Und fragt: „Nimmt die Diakonie nur Möbel, mit denen sie Geld machen kann?“

Beim Ortsbesuch im Second-Hand-Verkauf des Diakoniewerks an der Georgstraße stehen Ledersofas neben Holzvitrinen und Kacheltischen. Ein bunter Mix aus Möbeln verschiedener Jahrzehnte – angefangen beim geblümten Schlafsofa für 90 Euro über die moderne Schrankwand für 120 oder den Röhrenfernseher für 20 Euro. Das Prinzip dahinter ist simpel: Die Diakonie holt gebrauchte Gegenstände wie Tische, Stühle oder auch Hausrat bei den Mülheimern ab und verkauft diese zum kleinen Preis im Warenhaus an Bedürftige.

Komplette Wohnungsauflösungen

Fünf Tage die Woche sind die Fahrer dafür im Einsatz, zwischen acht und zehn Adressen fahren sie am Tag an. Eine Vorauswahl der Möbelstücke durch die Fahrer gebe es nicht, nur eine telefonische Anmeldung der Dinge, die abzugeben sind. „Früher wurden manche Möbel von Fahrern abgelehnt, heute nehmen wir erst einmal alles mit“, erklärt Ulrich Schreyer, Geschäftsführer des Diakoniewerks Arbeit und Kultur.

Die Diakonie bietet neben der Abholung von Einzelstücken auch komplette Wohnungsauflösungen an. Bei diesen vereinbaren die Mitarbeiter vor der Abholung einen Termin zum Anschauen. Dabei werde aber nichts abgelehnt, sondern durchkalkuliert: Welche Teile kommen mit, welche müssen durch die Diakonie entsorgt werden? Bei einer solchen Haushaltsauflösung werde die Wohnung am Ende besenrein übergeben.

Aufbereitung in der "Upcycling"-Werkstatt

„Die Kosten für die Entsorgung müssen wir natürlich vorher berechnen“, sagt Schreyer. Sei die Entsorgung teurer als der zu erzielende Preis durch den Verkauf, müsse der „Kunde“ zuzahlen. Von einem Gewinn seien sie dabei allerdings weit entfernt. „Wir sind eine gemeinnützige GmbH und müssen sehen, dass wir das System, in dem Langzeitarbeitslose beschäftigt sind, finanzieren“, erläutert Schreyer und verweist auf ein Beispiel: „Neulich haben wir eine Messi-Wohnung aufgelöst, das waren drei Tage Arbeit. Die Entsorgung muss da natürlich berechnet werden.“

In der Möbel-Anlieferung transportieren die Mitarbeiter Viktor Pawlowski und Ziad Elias-Ali einen neu angelieferten Tisch.
In der Möbel-Anlieferung transportieren die Mitarbeiter Viktor Pawlowski und Ziad Elias-Ali einen neu angelieferten Tisch. © FUNKE Foto Services

Oberstes Kriterium bei der Entscheidung, ob ein Teil später in den Verkauf geht oder in den Müll wandert, ist der Zustand. Vasen, die Sprünge haben, können kaum noch verkauft werden, ebenso wenig wie ein Sekretär mit Stockflecken. Sofas, die zwar nicht mehr zeitgemäß, aber in gutem Zustand sind, werden angenommen, versichert Betriebsleiter Michael Farrenberg. „Dabei prüfen wir bei jedem Teil, ob wir es wieder aufbereiten können.“ Einige Sperrmüll-Stücke werden in der „Upcycling“ Werkstatt neu aufbereitet – dort wird aus einem Klavier eine Bar gebaut oder ein Regal zur Garderobe umgezimmert.

Rund 320 Mitarbeiter arbeiten im Diakoniewerk an der Georgstraße

Etwa 30 Wohnungsauflösungen bewerkstelligt die Diakonie im Monat, im Transport und im Verkauf sind dafür etwa 60 Mitarbeiter im Einsatz. Insgesamt arbeiten an der Georgstraße 320 Mitarbeiter in verschiedenen Bereichen – etwa bei der Tafel, in einer der Werkstätten oder dem Second-Hand-Verkauf. Viele von ihnen sind Langzeitarbeitslose, die durch die Arbeit bei der Diakonie wieder ins Berufsleben eingegliedert werden.

Die Abholung der gebrauchten Möbel werde generell in zwei Schichten am Tag aufgeteilt: „Wir fahren von 8 bis 12 und von 12 bis 16 Uhr“, erklären Viktor Pawlowski und Ziad Elias-Ali, die als Fahrer für die Diakonie im Einsatz sind. Termine könnten sie im Vorfeld nicht ausmachen. „Weil wir keine Garantie geben können und nicht genau wissen, bei welchem Kunden es wie lange dauert.“

Info: Kontakt zum Diakoniewerk, Georgstraße 28: 45 95 30 oder www.diakoniewerk-muelheim.de, Öffnungszeiten des Möbelhauses: Montag bis Freitag, 8 bis 18.30 Uhr, Samstag 10 bis 16 Uhr.