Mülheim. . Für eine Wiese neben dem Haus Ruhrgarten in Menden gibt es Pläne für ein Mehrfamilienhaus. Die Stadt hält das für möglich. Die Politik rebelliert, Nachbarn klagen.
Im Streit um eine vom Baudezernat positiv beschiedene Bauvoranfrage für ein Mehrfamilienhaus auf einem am Leinpfad liegenden Privatgrundstück an der Mendener Straße ist es am Dienstagabend zum politischen Eklat gekommen. Nach bemerkenswerter Abstimmung kam ein Antrag der Grünen durch, der zum Ziel hat, die Bebauung der Wiese zu verhindern.
Ohne Rückkopplung in der Politik hatte das Bauordnungsamt im März zu jener Bauvoranfrage festgestellt, dass an Ort und Stelle eine Bebauung mit dreigeschossigem Mehrfamilienhaus und Tiefgarage nach § 34 des Baugesetzbuches möglich sei, da sich ein derartiges Gebäude an der umliegenden Bebauung orientiere, und Festsetzungen eines Bebauungsplans, da nicht existent, nicht dagegen sprächen.
Nachbarn klagen vor dem Verwaltungsgericht
Anwohnerprotest rührte sich, seit Juli ist gar eine Klage am Verwaltungsgericht gegen den städtischen Vorbescheid anhängig. Die Grünen sehen im Bauvorhaben Vorgaben des Regionalen Flächennutzungsplans verletzt. Das Grundstück, das am Ende einer Stichstraße in Höhe von Haus Ruhrgarten liegt, sei im Plan als Grünfläche ausgewiesen. Sie beantragten nun, ein Bebauungsplanverfahren einzuleiten, um die Grünfläche zu schützen. Zum Verfahrensstart solle die Stadt eine Veränderungssperre verhängen, damit vor Ort nicht gebaut werde.
Drei Geschosse, zwölf Wohneinheiten
Eine Erbengemeinschaft, der eine Parzelle auf der Wiese gehört, hat laut dem von ihr beauftragten Immobilienmakler Hans-Jürgen Bagusat die Möglichkeit zum Bau eines dreigeschossigen Mehrfamilienhauses mit zwölf Wohneinheiten, Flachdach und Tiefgarage abgefragt.
Der Bau soll in 36,5 Metern Länge und 15 Metern Tiefe parallel zur Stichstraße liegen, die zum Haus Ruhrgarten führt und volle Erschließung bietet.
„Auf keinen Fall soll es einen Riegel geben, der der Bebauung vorne an der Mendener Straße vorgesetzt wird“, so Bagusat. Angedacht sei vielmehr „ein schlanker Bau“ auf 2500 Quadratmetern Grundstücksfläche. „Der Rest bleibt weiter Grünfläche.“
Bagusat ist überzeugt davon, dass eine Baugenehmigung nach § 34 BauGB einer Überprüfung standhält. Mit den Plänen gehe man nicht über Gebäudegrenzen etwa von Haus Ruhrgarten hinaus.
Im Planungsausschuss ging der Grünen-Antrag nun durch. Für die Mehrheit reichten lediglich sechs Stimmen von Grünen, MBI, FDP und Linken, da die CDU auf eine Positionierung verzichtete. Dass dies als Kollektiv-Befangenheitserklärung zu werten ist, wies Christina Kaldenhoff als planungspolitische Sprecherin der CDU zurück. Dieser Verdacht war aufgekommen, weil Henner Tilgner, stellv. CDU-Fraktionsvorsitzender, Eigentum in unmittelbarer Nachbarschaft der Wiese, die im Moment freien Blick auf die Ruhr gewährt, besitzt und in der Gemeinschaft von 20 Miteigentümern jener Wohnanlage einer der Kläger gegen den Bauvorbescheid ist. Die Intention der Grünen, eine Bebauung zu verhindern, hielte die Fraktion zwar für richtig, so Kaldenhoff auf Nachfrage dieser Zeitung, „aber wir haben uns schwer damit getan, im laufenden Gerichtsverfahren einen Beschluss zu fassen. Der Bauvorbescheid ist raus, das Kind ist damit auch schon in den Brunnen gefallen.“
Planungsamt: Bei Bauantrag wird intensiver geprüft
Zum Fragenkatalog der CDU hatte Planungsamtsleiter Jürgen Liebich zuvor Stellung genommen: Bei der Entscheidung im März habe man sowohl Belange des Umwelt- und Hochwasserschutzes als auch nachbarschaftliche Interessen im Auge gehabt. Lärmimmissionen etwa durch eine Tiefgarageneinfahrt würden noch Thema, wenn ein konkreter Bauantrag reinkomme.
Das von den Grünen nun initiierte Bebauungsplanverfahren, so Liebich, könne den positiven Bescheid zur Bauvoranfrage nicht mehr außer Kraft setzen. Sollte die Politik die Veränderungssperre verhängen, ist unklar, ob die Oberbürgermeisterin ihn nicht einkassieren müsste, weil er rechtswidrig sein könnte.
Bezirksregierung gibt der Stadt Mülheim Recht
Auf Anfrage der Grünen erklärte die Bezirksregierung Düsseldorf mittlerweile, dass sie keinen Grund sieht, den Bauvorbescheid der Stadt zu beanstanden.
Die Bewertung der Stadt sei plausibel, so die Aufsicht. Die Wiese befinde sich in einem Gebiet mit aufeinanderfolgender Bebauung. So könne die Zulässigkeit eines Bauvorhabens dort nach § 34 BauGB geprüft werden – unabhängig davon, ob der Regionale Flächennutzungsplan (RFNP) hier eine Wohnnutzung vorsehe. Jener RFNP sei nicht als jener öffentlicher Belang anzusehen, der gemäß § 34 BauGB gegen eine Bebauung sprechen könne. Festsetzungen im RFNP bedürften einer Entsprechung in einem Bebauungsplan, um bodenrechtlich verbindlich zu werden.
Die Grünen werten das Abstimmungsergebnis im Planungsausschuss dennoch als „Teilerfolg“. Brigitte Erd als planungspolitische Sprecherin hofft, mit einem Bebauungsplanverfahren zumindest die weiteren Teile der Wiese sichern zu können. Dort habe sich über die Jahre schützenswerte Fauna und Flora entwickelt. Sie schlug vor, das Gebiet für jenen Bebauungsplan bis zum alten Haus Jugendgroschen zu fassen. Das Haus soll einer Wohnbebauung weichen.