Mülheim. . Der Projektionstisch der Camera Obscura begeistert die meisten Besucher des Museums im ehemaligen Mülheimer Wasserturms.

Als Tobias Kaufhold vor einigen Tagen kurz vor zehn Uhr den Turm aufschloss, standen vor der Camera Obscura schon 29 Radler, die darauf warteten, sich das Museum für die Vorgeschichte des Films ansehen zu können. Was sie besonders interessierte und nachher auch erkennbar verblüffte war der virtuelle Stadtspaziergang auf dem Projektionstisch unter der Kuppel des ehemaligen Wasserturms.

Ein Teilnehmer der Radlergruppe, die den Ruhrtalradweg entlang fuhren, hatte bereits vor einiger Zeit das Museum besichtigt, war begeistert und wollte seinen Freunden die Camera unbedingt zeigen.

1139 Exponate gehören zu der Sammlung

Nach diesem Schneeballprinzip kommen hier viele Besucher. „In den beiden vergangenen Tagen kamen jeweils hundert Besucher. Für die Urlaubszeit ist das super“, freut sich Kaufhold. Im kommenden Jahr besteht das Museum seit zehn Jahren und das Interesse ist ungebrochen. „Wir haben hier jedes Jahr konstant 20.000 Besucher. Es gibt keine Ermüdungserscheinungen.“

Diese gibt es nur bei einer der vielen Mitmachstationen, die in der Nacht der Industriekultur überbeansprucht werden muss. Nun muss ein Handwerker kommen, aber es ist nur eine Kleinigkeit.

Viele Besucher, das merkt der 51-jährige Museumsleiter an Reaktionen und Erzählungen, kommen öfter. Kern der Ausstellung ist die 1139 Exponate zählende Sammlung des Wuppertaler Sammlers Karlheinz Steckelings, die im vollen Umfang präsentiert wird. Sie wurde angeschafft, nachdem die Verkaufsgespräche mit dem Filmemacher Werner Nekes, dem Ideengeber für die Umwandlung des Turms in eine Camera Obscura, festgefahren schienen. Mit Steckelings steht Kaufhold im engen Kontakt. Regelmäßig schaut der 85-Jährige auf einen Kaffee vorbei.

Die Sonne sorgf für ein traumhaftes Bild

Am Projektionstisch steht jetzt eine Gruppe aus Einbeck. Die Sonne sorgt für ein traumhaftes Bild. Ebenso wichtig ist aber die Qualität des Spiegels, der das Licht auf den Tisch leitet. Die Güte eines Spiegels reicht von 0 bis 100. „Der Badezimmerspiegel zu Hause hat etwa einen Wert von 26. Unserer kommt auf 98“, erzählt Kaufhold.

Ursprünglich war er von Carl Zeiss Jena für ein Teleskop der Sowjets konzipiert worden. Aber mit dem Ende des Kalten Krieges wurde der Auftrag storniert. Ein Glücksfall für Mülheim, zumal das Thüringer Unternehmen einen sensationell guten Preis machte. Zoomen kann man nicht, den Spiegel, der jedes Jahr für 8000 Euro gereinigt werden muss, nur schwenken, kippen und die Schärfe etwas justieren. Auf der Wand des benachbarten Baustofflagers hängt ein Schild. „Wir grüßen alle Besucher der Camera Obscura“.

Auch Wissenschaftler schätzen das Museum

Stammgäste hat die Camera Obscura auch bei Wissenschaftlern. Studenten der Folkwanghochschule schauen regelmäßig vorbei. Yasuhiro Sakamoto, der in Berlin einen Lehrauftrag hat, kommt, und zu Susanne Regener von der Universität Siegen besteht auch ein reger Kontakt. Sie hat den Lehrstuhl für Mediengeschichte und schickt regelmäßig Studenten.

Eine von ihnen ist Violetta König. Sie hat mit zwei Kommilitonen ein Referat über die Camera Obscura geschrieben und war direkt so begeistert, dass sie im Turm ein sechswöchiges Praktikum macht.

„Ich habe gleich gemerkt, dass die Mitarbeiter hier mit Leidenschaft für die Sache arbeiten“, erzählt sie. Sie mag beide Abteilungen, die Exponate wie auch die Arbeit am Projektionstisch. Jedes Mal ist es anders, kommen auch von den Besuchern neue Impulse. Das macht auch für Kaufhold die Führungen so interessant. Und die Stadt sieht eben bei jedem Licht wieder anders aus. Violetta König schätzt den Kontakt zu den Besuchern, wie sie Begeisterung weckt, wenn sie ihnen ein Phänomen erklärt. Ihr gefällt es auch gut, dass es in der Ausstellung so viele Stationen gibt, an denen die Besucher aktiv sein können. Am Thaumatrop etwa. Das ist eine durch ein Gummiband rotierende Scheibe, die ein bewegte Bild suggeriert.