Mülheim. 31 Mal hat das Jugendamt im vergangenen Jahr aufgrund einer Gefährdung Kinder und Jugendlicheaus den Familien genommen. Als Gründe nennt das Jugendamt Vernachlässigung, Missbrauch und Überforderung
31 Mal musste das Jugendamt im vergangenen Jahr in Mülheim eingreifen und Kinder in Obhut nehmen. Entgegen dem Landestrend ist das ist weniger, als in den Vorjahren – 2013 waren es noch 44. Landesweit steigt die Zahl von Jahr zu Jahr an. Von 2013 zu 2014 gab es laut der Statistik von Information und Technik NRW genau 13.198 Inobhutnahmen – das ist ein Anstieg von 7,7 Prozent. Die Gründe sind unterschiedlich aber zumeist: Vernachlässigung, Missbrauch, Beziehungsprobleme der Eltern oder ein eskalierter Streit.
Von den 31 Kindern und Jugendlichen in Mülheim waren 26 unter vierzehn Jahren. Aber auch diejenigen, die ohne Eltern aus dem Ausland einreisen, werden vom Jugendamt in Obhut genommen und deshalb glaubt die Leiterin des Sozialen Dienstes, Martina Wilinski, dass dadurch in 2015 die Zahl auch größer ausfallen werde.
Jeder Einsatz sei ernst zu nehmen, aber nicht immer stecke hinter jeder Inobhutnahme etwas Schlimmes. „Wenn sich Kinder bei uns melden und sagen, dass sie nicht mehr nach Hause wollen, dann greifen wir natürlich ein“, so Wilinski, die das mit ihren Mitarbeitern 2014 bei zwei Kindern machen musste. Das komme beispielsweise vor, wenn die Kinder und Jugendlichen etwas ausgefressen hätten und zu Hause Ärger vermuten. „Durch ein Gespräch mit den Eltern lässt sich die Situation oft recht schnell klären und die Kinder gehen wieder nach Hause“, weiß die Leiterin des Sozialen Dienstes.
Ambulante Gesprächsmöglichkeiten
Durch diese frühen Hilfen erklärt sich die Stadt die im Vergleich zu anderen Städten relativ geringe Zahl 31 (Essen hat 573).
Inobhutnahme heißt, dass Kinder gegen den Willen der Eltern mitgenommen werden. Kann die Situation früh geklärt oder können die Eltern davon überzeugt werden, dass es für das Kind besser sei, es für ein paar Tage abzugeben, dann zählt dieser Fall nicht mehr zu den Inobhutnahmen. Von den 31 Minderjährigen, sind 18 nach kurzer Zeit wieder zu ihren Eltern zurückgekehrt. „Da bieten wir dann ambulante Gesprächsmöglichkeiten an“, so Wilinski. Dreizehn mussten allerdings längerfristig stationär behandelt werden.
24 Stunden im Einsatz
Die Informationen erhält das Jugendamt von Polizei, Krankenhäuser, Kitas oder Schulen. Auslöser für den Eingriff ist laut Wilinski meist eine Verkettung von Ereignissen wie Arbeitslosigkeit, Krankheit und psychische Eingeschränktheit. Die Eltern seien dann mit den Kindern schlicht überfordert. All diese Punkte bauen sich dann zu einer Spirale auf. Das größte Problem sei aber, dass sich einige „Multiproblemfamilien“, wie sie die Fachleute nennen, nicht helfen lassen und es so nach einer Zeit zur Eskalation kommt.
Durch einen 24-Stunden-Dienst ist immer ein Experte in kürzester Zeit vor Ort. Jugendliche werden dann in der „Zinkhütte“ untergebracht, für Kinder gibt es Pflegefamilien, die auch ganz spontan helfen können und sie aufnehmen. „Leider kommt es öfter vor, dass wir die Situation nicht mehr mir den Eltern regeln können“, bedauert Wilinski. Dann komme das Familiengericht zum Einsatz und kläre das Aufenthaltsbestimmungsrecht.