Mülheim. Otto Gaudig wurde 1945 von den Nazis ermordet. Zum Gedenken an den kommunistischen Politiker steht ein Stolperstein am früheren Wohnhaus in Saarn.

„Im Widerstand verhaftet“, steht auf dem Stolperstein vor dem Haus an der Wedauer Straße 118 im Wald von Saarn. Dort lebte Otto Gaudig, der von 1924 bis zum Verbot der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) im Jahr 1933 dem Stadtrat angehörte. Weil der Kommunist im braunen, rechten Deutschen Reich die „falsche Gesinnung“ hatte, wurde er mehrmals verhaftet, inhaftiert und unter dem Vorwand „einer allgemeinen Überprüfung“ in der Wenzelnbergschlucht bei Langenfeld am 13. April 1945 von der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) erschossen.

Von Otto Gaudig sind im Vergleich zu anderen Ratsmitgliedern nur wenige Erinnerungsstücke geblieben. Dazu gehört ein Stolperstein. Der knappe Text „Otto Gaudig, Jahrgang 1878, im Widerstand verhaftet, 1934 KZ Börgermoor, 1943 Zuchthaus, erschossen 13. 4. 1945“ dokumentiert in beklemmender Kürze das Ende eines „freundlichen und ruhigen Menschen“. So schildert es Inge Ketzer vom VVN-Bund der Antifaschisten Mülheim. Sie und ihre Mitstreiter halten die Erinnerung an Otto Gaudig wach, der damals zahlreiche Freunde hatte und dessen Einsatz im Rat auch bei politisch anders Denkenden anerkannt war.

Otto Gaudig wurde am 27. Januar 1878 im sächsischen Leißling als uneheliches Kind von Sofia Klara Gaudig geboren. Die Großeltern zogen ihn auf, und er ging nach der Schule in die Schuhmacherlehre. Danach fand in verschiedenen Städten Arbeit, trat in die Gewerkschaft der Schuhmacher ein, leistete 1898 seinen Wehrdienst ab.

Politisches Engagement in der KPD

Ab 1900 arbeitete als Fräser bei Krupp in Essen und heiratete 1903 Johanna Ferber. Drei Jahre später begann sein politischer Einsatz in der SPD, er kehrte zurück in seinen Geburtsort, wo er kaum Arbeit fand. Zurück im Ruhrgebiet, baute er in Mülheim an der Wedauer Straße 118 ein Haus – mit Hilfe von Freunden und der Beschaffung von günstigem Arbeitsmaterial. Dazu arbeitete er wieder bei Krupp.

Nach dem Ersten Weltkrieg wechselte Otto Gaudig von der SPD zum Spartakusbund. Er war Delegierter des Essener Arbeiter- und Soldatenrates. Am 4. Mai 1924 wurde er erstmals in den Mülheimer Stadtrat gewählt, vertrat die KPD. Wenig später entließ ihn Krupp, weil er zu den Rädelsführern eines Arbeiteraufstandes gehörte. Gaudig eröffnete in seinem Wohnhaus eine „alkoholfreie Gastwirtschaft“, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen.

Verurteilung und Transport ins Konzentrationslager

1929 wurde er erneut zum Stadtverordneten gewählt, 1933 bestätigt. Mit dem Verbot der KPD wurde Gaudig verhaftet und ins KZ Börgermoor gebracht. „Schutzhaft nannten die Nationalsozialisten das“, schildert Inge Ketzer. „Er blieb dort mehrere Monate. Bei seiner Entlassung am 31. März 1934 schmuggelte er in der Brandsohle seines Schuhs das Moorsoldatenlied auf einem Papier heraus.“ Als Gaudig 1942 mit seinem ehemaligen Weggefährten Willi Seng und weiteren KPD-Leuten wieder in Kontakt kam, beobachtete das die Gestapo. „Wiederaufbau der KPD“, lautete die Begründung für Gaudigs Verhaftung im Februar 1943. Da saß sein Sohn Theodor bereits in einem rumänischen KZ.

Auch seine Frau Johanna und seine älteste Tochter Frieda wurden verhaftet. Am 24. August 1944 verurteilte das Oberlandesgericht Hamm Gaudig zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren sowie acht Jahren Ehrverlust. Frau und Tochter erhielten drei Jahre. Die Urteilsbegründung lautete „Vorbereitung zum Hochverrat“. Acht Monate später wurde Gaudig ermordet.