Mülheim. . Insgesamt hat die Jugendkriminalität aber in fast allen Bereichen abgenommen. Einzig Drogendelikte gab’s häufiger. Crystal Meth ist (noch) kein Thema.
Im vergangenen Jahr titelte die WAZ „Gewalttaten von Jugendlichen nehmen zu“. Die 2013er-Zahlen ließen keinen anderen Schluss zu. Von dem bedrohlichen Trend aber ist 2014 nicht mehr viel übrig: Pamela Busse von der Jugendhilfe im Strafverfahren verkündete nun, dass sich die Straffälligkeit der 14- bis 21-Jährigen in nahezu allen Bereichen „sehr positiv entwickelt“ habe. Das sei auch bundesweit zu beobachten. Einzig die Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz hätten zugenommen. Dabei spiele Cannabis die zentrale Rolle; die Horror-Droge Crystal Meth sei „in Mülheim bisher nicht vertreten“.
613 Strafverfahren sind in 2014 verzeichnet worden, vor fünf Jahren waren es noch 765. Von den 11035 Jugendlichen, die zum Stichtag 31. Dezember in Mülheim gemeldet waren, sind 2014 insgesamt 5,5 Prozent im strafrechtlichen Sinne aufgefallen. Mülheims Jugend steht damit im Vergleich zu Nachbarstädten gut da: „In Essen waren es mehr als zwölf Prozent, in Oberhausen über elf Prozent.“
Jugendkriminalität sei nach wie vor im Wesentlichen Jungenkriminalität, „aber die Mädchen holen auf“. Ein Anstieg bei den Delikten um elf Prozent bereite Sorgen, „das müssen wir uns näher angucken“, so Busse. Die Mädchen fallen vor allem bei Diebstählen oder beim Schwarzfahren auf. „Sie begehen also nicht so gravierende Straftaten“ – und landeten deshalb auch nur selten hinter Gittern. Apropos: Ins Gefängnis mussten auch nur wenige junge Männer; von gerade 37 verhängten Jugendstrafen wurden 20 zur Bewährung ausgesetzt.
317 Taten wurden vor dem Amtsgericht verhandelt
2014 gab es 183 Diversionsverfahren, die bei leichterer Kriminalität und vor allem bei Ersttätern in Betracht kommen und nicht in einer Anklage, sondern einer pädagogischen Maßnahme samt Verfahrenseinstellung münden. 317 Taten wurden jedoch vor dem Amtsgericht verhandelt. Dabei stand zumeist der Gedanke „Erziehung statt Strafe“ im Vordergrund: So wurden 258 erzieherische Weisungen angeordnet, in 158 Fällen mussten die Jugendlichen etwa einen sozialen Hilfsdienst ableisten. In 27 Fällen wurde eine mehrmonatige Einzelfallbetreuung festgeschrieben, außerdem mussten Jugendliche etwa an Verkehrserziehungs- oder sozialen Trainingskursen teilnehmen. Deutlich seltener als früher wurden Zuchtmittel, also zum Beispiel auch Arreste, angeordnet. Und der Trend zu weniger Kriminalität sei sogar bei Intensivtätern zu beobachten, so Busse.
Statistik wichtig für Arbeit der Jugendhilfe im Strafverfahren
Eine der Kernaufgaben der Jugendhilfe im Strafverfahren ist es, Hintergründe strafrechtlichen Verhaltens aufzuzeigen und zu ermitteln, wo genau Hilfe nötig ist. Statistische Erhebungen und die Auswertung sind dafür unerlässlich.
Die Zahlen und Daten haben sich einerseits ergeben aus der Gesamtheit aller Anklageschriften und Diversionsverfahren, andererseits aus den durch Gericht bzw. Staatsanwaltschaft abgeschlossenen Verfahren.
Der Rückgang ist laut der Diplom-Sozialarbeiterin womöglich auch darauf zurückzuführen, dass beim Amtsgericht rund 100 Verfahren weniger als im Vorjahr abgeschlossen worden sind. Da waren es noch 426. Das habe womöglich mit „Umstrukturierungsmaßnahmen“ im Gericht zu tun, heiß es.
Dem widersprach Cornelia Flecken-Bringmann, stellvertretende Direktorin, gestern vehement: „Wir haben zwar weniger Verfahren beendet, aber wir hatten auch wesentlich weniger Eingänge.“