Mülheim an der Ruhr. . Neville Tranters Figurentheater „King“ erntete in der rappelvollen katholischen Akademie Wolfsburg minutenlangen Applaus.
Der King ist tot, ausgestreckt hängt er an einem Samtkreuz, in Jesus-Pose wie ein Märtyrer. Im Hintergrund klingt Elvis’ Ballade „Are you lonesome tonight“ – Neville Tranters Figurentheater „King“ beginnt mit einer liebevollen Provokation. Die Zuschauer in der rappelvollen katholischen Akademie Wolfsburg stecken diese allerdings genauso locker weg wie die zahlreichen „fuck you“ im Stück, regelrecht begeistert sogar erntet das ausgesprochen erwachsene Puppenspiel am Samstagnachmittag minutenlangen Applaus.
Denn die gar nicht mal so frohe Botschaft des australischen Künstlers Neville Tranter über den Aufstieg und Fall eines Rockstars kommt an: Wer trägt die Verantwortung für den Königstod, der Größenwahn des Idols oder die Umstände? Das Figurentheater erzählt in kleinen episodischen Rückblenden diese wahnwitzige Eskalationsspirale aus geldgierigem Manager, drogenspritzendem Doktor, hysterischen Groupies und einem körperlich wie geistig zerbrechenden „König“.
„King“ pendelt zwischen Satire und Drama
„King“ pendelt zwischen Satire und Drama, Geschichte und Moral wirken bisweilen holzschnittartig, sentimental. Dennoch schafft Puppenspieler Tranter eine besondere, intime Atmosphäre, wenn er im Aufzug eines Security-Mannes seine Kleinkind-großen Klappmaulfiguren wie einen eigenständigen Spielpartner mit leichter Hand über die kleine Bühne führt. Wenn er mit ihnen in ein Zwiegespräch tritt, dabei in ihren Charakter schlüpft und mit vielfältig verstellter Stimme spricht, ist man fast geneigt zu vergessen, dass es ein und dieselbe Person ist.
Der 1955 in Australien geborene Schauspieler Neville Tranter hat seit gut 35 Jahren die Puppen zu seiner zweiten Natur gemacht, und für seine in diesen modernen Zeiten ungewöhnliche Theaterform weltweit Anerkennung bekommen. Oft sind seine Stücke gewürzt mit viel schwarzem Humor, aber nicht zynisch. Mit seinen Figuren spielte er Nero und Frankenstein, brachte Hitler im Führerbunker auf die Bühne, aber auch das vermeintlich Normale: die letzten Tage der 102-jährigen Mathilde im Altersheim.
So ganz fertig ist die Arbeit am Stück allerdings noch nicht
Auch in der überdrehten Welt des Superstars „King“ bringt Tranter das zutiefst Menschliche ans Licht. So ganz fertig ist die Arbeit am Stück allerdings noch nicht. So war die Aufführung in der Akademie Wolfsburg als „Try Out“ – als Probevorstellung – zu verstehen, es fehlte die echte Bühne und die Lichttechnik. Doch die Richtung stimmte für die Zuschauer offenkundig: Drei Mal forderten sie Tranter und seinen Kollegen Wim Sitvast mit frenetischem Applaus zurück auf die Bühne.