Mülheim. Mülheim hat eine Hochschule, aber kein Studentenleben. Wie kann dieses Gäste-Potenzial erschlossen werden? Jonas Wanke von „Mölmsch“ hofft auf „pfiffige Ideen“.

„Es fehlt an pfiffigen Ideen.“ Vor gut fünf Jahren hatte Jonas Wanke selbst so eine. Er belebte die alte regionale Biermarke „Mölmsch“ wieder. Mittlerweile wird das Bier schon in über 40 Gaststätten vor Ort und in der Region ausgeschenkt. Und vor allem auch von jungen Leuten getrunken. Mit der Hochschule Ruhr-West pflegt Wanke nämlich eine enge Zusammenarbeit: Bei jeder Fachschaftsparty, bei jedem Hochschulfest wird Mölmsch getrunken. Daher weiß Wanke, dass viele der Studenten gern auch vor Ort ausgehen würden. Nur: Es tut kaum jemand. Zwar macht der Asta schon seit Jahren zu Beginn eines jeden Semesters mit den Neuzugängen eine Kneipentour durch die Altstadt. Aber dabei bleibt es dann auch für die Meisten.

Ein Grund dafür: Mülheim hat eine Pendler-Hochschule. Die meisten Studenten kommen, wenn sie nicht gerade auch ursprünglich aus Mülheim stammen, aus einer anderen Stadt in der Region. Die ist aber in der Regel so nah, dass es sich aus ihrer Sicht lohnt, jeden Tag mit der Bahn oder auch mit dem Auto zu pendeln. Und zuhause lebt noch der alte Freundeskreis. Und mit diesen Leuten gehen sie auch zusammen aus. Zwischen Schul- und Studentenzeit verläuft nicht wirklich ein Bruch.

Weniger Kneipen gefragt

Felix Berger, der dem Allgemeinen Studentenausschuss (Asta) der Hochschule angehört, bestätigt diesen Eindruck. Vor allem tagsüber sieht der 19-Jährige bei seinen Kommilitonen eine Nachfrage für gastronomische Angebote. Allerdings seien dann weniger Kneipen gefragt, sondern eher kleine Cafés oder Bistros, wo es auch eine kleine Speisekarte gibt. Solche Orte seien attraktiv, um dort die Mittagspause oder Freistunden zu verbringen. Berger ist zuversichtlich, dass genau diese Infrastruktur die Studenten in Broich erwarten wird, wenn die Hochschule dorthin umgezogen ist. „Ich habe schon von einem Café-Betreiber gehört, der ganz gespannt auf uns wartet.“ Berger hofft, dass es dann auch Studenten-Rabatte geben wird. Seiner Erfahrung nach wird dieses Mittel bisher von Gastronomen kaum genutzt, um junge Kunden anzulocken. Allerdings, so sein Eindruck, seien seine Kommilitonen auch jetzt schon in der Lage, Geld auszugeben. Das ist die andere Seite der Pendler-Uni: „Viele wohnen noch bei den Eltern und können dann Geld sparen.“

Was muss aber passieren, damit dieses Geld auch in Mülheim ausgegeben wird? Damit sind wir wieder bei den „pfiffigen Ideen“ und Jonas Wanke. Sein Beispiel zeigt, dass Innovationen durchaus erfolgreich sein können. Gerade bei einem jungen Publikum. 3000 Hektoliter Mölmsch setzt er mittlerweile im Jahr um, als er 2009 startete, waren es 1500. Zwar ist das gemessen am Gesamtbierkonsum von 18 Millionen Liter Bier pro Jahr in Mülheim nur ein geringer Anteil. Aber die Marke Mölmsch hat sich auf dem Markt behauptet. Weil sie etwas bietet, was die anderen nicht haben: einen regionalen Bezug.

Effekt auch auf die Gastronomie-Szene übertragen?

Kann man diesen Effekt nicht auch auf die Gastronomie-Szene übertragen? Braucht es hier nicht auch neue „Marken“, die ausgehfreudige junge Leute anziehen? Jonas Wanke ist skeptisch.

Er befürchtet, dass sich schon zu viele der jungen Leute für ihre Wochenend-Aktivitäten auf die Nachbarstädte hin orientiert hätten. Dass die Kneipen-Szene an der Friedrich-Ebert-Straße so viel Zulauf bekommen könnte wie früher, glaubt er eher nicht. Aber - das betont Wanke wiederum - „eine pfiffige Idee“ könnte vielleicht eine Gegenbewegung auslösen. Aber wer hat die? Und das ist genau das Problem. „Die Mülheimer Gastwirte orientieren sich eher am Bewährten“, so Wanke. Eine Strategie, die er verstehen kann, steht sie doch auch für finanzielle Sicherheit. Nur, junges Publikum bindet man so natürlich nicht.