Mülheim. . Spenden ermöglichten dem schwer behinderten Jungen aus Mülheim eine teure Delfintherapie. Doch der Alltag des Gesamtschülers bleibt anstrengend.
Wie war dein Jahr? Wenn man Johannes direkt fragt, jetzt, zwei Wochen vor Silvester, antwortet er knapp: „Ging so.“ Spricht man etwas länger mit dem Jungen, der am zweiten Weihnachtstag 13 wird, und mit seinen Eltern, wird klar: 2014 war sehr arbeitsreich, aber auch aufregend.
Mehrmals haben wir in der Vergangenheit über Johannes berichtet, der das Unglück hatte, am 2. Juli 2012 auf dem Heimweg vom Fußballtraining bei einem dramatischen Verkehrsunfall auf der Zeppelinstraße von einem Auto erfasst und lebensgefährlich verletzt zu werden. Er erlitt ein schweres Schädel-Hirn-Trauma, ist seitdem schwerbehindert, beim Gehen, Bewegen, Sprechen beeinträchtigt.
Genau ein Jahr nach dem Unfall, am ersten Juli-Wochenende 2013, stellte der Verein von Johannes, der SV Raadt, ein großes Benefizturnier auf die Beine. Mehr als 20.000 Euro kamen für die schwer getroffene Familie zusammen. Auch andere spendeten, etwa die Mülheimer Berufsfeuerwehr. Sie alle werden sich freuen, zu erfahren, dass das viele Geld bei der Erfüllung eines großen Wunsches geholfen hat: Johannes wollte eine Delfintherapie absolvieren.
Johannes bleibt auf den Rollstuhl angewiesen
Exakt ein weiteres Jahr später, am 2. Juli 2014, flogen er und seine Eltern auf die Antillen, auf die Insel Curacao. Etwa 14.000 bis 15.000 Euro habe der zweiwöchige Aufenthalt insgesamt gekostet, erklärt der Vater. Ohne die Spenden wohl unerschwinglich. So wurde es ein Erlebnis, das Johannes nicht nur sehr viel Spaß bereitete, sondern auch gesundheitliche Fortschritte mit sich brachte: „Trainiert wurde vor allem, das Gleichgewicht besser halten und die rechte Hand wieder benutzen zu können“, erklärt Johannes’ Mutter.
Dennoch: Da er keine längeren Strecken laufen kann, bleibt Johannes in bestimmten Situationen auf den Rollstuhl angewiesen. Einen Teil der Spenden investierte die Familie daher auch, um ein größeres Auto anzuschaffen und die Auffahrt zum eigenen Haus barrierefrei umzubauen.
Obwohl der frühere Jugendkicker nicht mehr Fußball spielen kann, besucht er ab und an das Training seiner Mannschaft an der Zeppelinstraße und ist auch dabei, wenn gefeiert wird. „Die früheren Freunde von Johannes sind alle geblieben“, betont die Mutter, „und durch die Schule sind neue dazu gekommen.“ Mit Hilfe eines Integrationshelfers, der ihn zum Unterricht begleitet, kann der Zwölfjährige die Gesamtschule besuchen. Lieblingsfach? „Mathe.“ Offenbar kommt er gut zurecht.
Aber der Alltag von Johannes und seiner Familie bleibt arbeitsreich, anstrengend. „Wir haben neben der Schule noch sechs bis acht Termine pro Woche“, berichtet die Mutter, und zählt auf: Logopädie, Ergotherapie, Krankengymnastik, Besuche bei Ärzten oder Neuropsychologen. Dennoch ist die Familie dankbar und spendet ihrerseits an die Hannelore-Kohl-Stiftung, „die uns sehr geholfen und oftmals beraten hat.“ Inzwischen kämen manchmal andere Eltern, frisch betroffen, und suchten Rat bei ihnen.
Delfintherapie war erfolgreich und ermutigend
Um die Delfintherapie durchführen zu können, flogen Johannes und seine Eltern am 2. Juli diesen Jahres über Miami auf die Insel Curacao. Insgesamt 17 Stunden dauerte die Anreise, aber offensichtlich hat sich der weite Weg gelohnt: „Es war eine sehr schöne, erfolgreiche Zeit“, findet die Familie, „und natürlich auch Belohnungstherapie für Johannes.“
Das Curacao Dolphin Therapy & Research Center (CDTC) hatten sie „aufgrund von Empfehlungen betroffener Eltern“ ausgesucht, auch wegen der dort vorbildlichen Tierhaltung. Jedes Kind wird über zwei Wochen von einem festen Team betreut. Der knapp zehnjährige Delfin, mit dem Johannes täglich in einer großen Meerwasserlagune trainieren durfte, heißt „Papito“. Johannes, der vor dem Verkehrsunfall schwimmen konnte, was jetzt nicht mehr gelingt, lernte auf diese Weise auch wieder, sich im Wasser sicher zu fühlen.
„Dank der großzügigen Spenden“, wie die Eltern betonen, gab es zusätzlich Biofeedbacktherapie. Hierbei werden einzelne Muskelansteuerungen gezielt trainiert, um die rechtsseitige Lähmung, unter der Johannes leidet, zu reduzieren. Offenbar mit Erfolg: „Einige Bewegungen der rechten Seite haben wir seit dem Unfall zum ersten Mal wieder gesehen...“
Die Zeit auf Curacao habe ihnen neuen Mut und Kraft gegeben, versichert die Familie. Johannes bedankt sich für die Delfintherapie ausdrücklich bei allen Spendern. Im Herbst möchten sie noch einmal nach Curacao. Sie planen und sparen schon dafür.