Moers. Nun ist es amtlich: Die Türen in der Kult-Gaststätte Zum kleinen Reichstag bleiben für immer geschlossen. Aber: Wie es mit dem Hotel weitergeht.

Als der letzte Gast gegangen war, wurde das Licht gelöscht und die Tür zugesperrt. Keine Feier, kein großes Abschiednehmen. Aus. Der „Kleine Reichstag“, die Moerser Traditions-Gaststätte an der Uerdinger Straße 64, ist nun für immer geschlossen. Inhaberin Sarina Graci: „Leider geht eine Ära zu Ende.“ Sie habe „bis hierhin“ gekämpft. „Der Entschluss fiel nicht leicht.“

Grund für das Ende des 150 Jahre alten „Kleines Reichstages“ seien „personaltechnisch erhebliche Defizite“. Zudem seien viele Dinge einfach zu teuer geworden und nicht mehr bezahlbar. Vor allem aber: „Bei mir spielt die Gesundheit nicht mehr mit.“ Die lange Suche nach einem Nachfolger blieb erfolglos. Einige Mitarbeiter sind in Tagesjobs gewechselt, andere in Rente gegangen.

Das sind die Erinnerungen an die Kult-Gaststätte in Moers

Der „Kleine Reichstag“ mit seinem dörflichen Charme ist das Elternhaus von Hanns Dieter Hüsch, einem der renommiertesten Kabarettisten der Nachkriegsgeschichte. Sein Großvater kaufte einst die Gaststätte, die die Familie mit 12 Kindern ernährte. Die jüngste Tochter Adelheid Auguste wurde Mutter von Hanns Dieter Hüsch. Sie stand wie die Großmutter am Tresen. Hanns Dieter krabbelte als Kleinkind durch die Gaststube. Er sagte oft, er sei in Moers „am Zapfhahn groß geworden“.

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Willi Roderburg-Bastian, Schriftführer des Hanns-Dieter-Hüsch-Freundeskreises: „Im ‚Kleinen Reichstag‘ trafen sich die Arbeiter vom Bau, die Bergarbeiter, die Handwerker. Hier erfuhr „HDH“ von den Nöten der ,kleinen Leute‘. Und von der oft urkomischen Eigenart der ,niederrheinischen Unterhaltung‘, mit Kunstfiguren wie Diez Atrops oder ,Kiez de Flapmann‘.“ Und weiter: „Wenn man auf die alte gemütliche Einrichtung dieser Gaststätte schaut, fällt es leicht, sich vorzustellen, wie Hanns Dieter hinter dem Tresen saß und die Gaststättenbesucher belauscht hat.“

Bleibt alle gesund und behaltet uns in guter Erinnerung.
Sarina Graci sagt Tschüss.

Willi Roderburg-Bastian ist betroffen vom Ende des Kleinen Reichstags. „Das Haus war doch ein Stück Moerser Historie.“ Hüschs 70 Bühnenprogramme, die oft ihren Ursprung in Moers hatten, brachten die Menschen zum Lachen und Nachdenken. Er hatte unzählige Auftritte im Fernsehen, war Jahrzehnte lang das Aushängeschild der Stadt. Und nun? Das uralte geduckte Gebäude steht unter Denkmalschutz und darf nicht abgerissen werden. Die Zukunft des Hauses mit seinem urigen Mobilar und den vielen Erinnerungen liegt jetzt in der Hand eines Moerser Maklers.

Das sind die Pläne für das Hotel in Moers

Der angrenzende Neubau, der als Hotel mit 12 Suiten und Frühstücks-Service genutzt wird, soll erst einmal weiter laufen. Eine Verwandte der erkrankten Sarina Graci führt den Betrieb derzeit. Sie sagt: „Hoffentlich noch lange.“ Denn von den ursprünglich 12 Angestellten sei nur einer übrig geblieben. „Mit einer Kraft aber ist es schwierig, so ein Hotel zu halten.“

Der „Freundeskreis“ selber fand einen neuen Treffpunkt und tagt nun im alten Landratsamt am Kastellplatz, gleich neben dem Hanns-Dieter-Hüsch-Archiv. Und so endet ein langes Stück Moerser Geschichte. Emotional sind die Schluss-Worte von Sarina Graci im Rückblick auf die guten Jahre mit vielen zufriedenen Gäste: „Wir verbeugen uns vor Euch und sagen: Die Show ist vorbei. Bleibt alle gesund und behaltet uns in guter Erinnerung.“