Kamp-Lintfort. Christoph Roller fährt mit dem Fahrrad in den Senegal. 4200 Kilometer hat er schon geschafft. Wie es ihm geht und was er mit der Reise bezweckt.

„Die Bastelei geht weiter“, sagt der Pfarrer in Rente, Christoph Roller, schicksalsergeben und meint die Fahrradpannen, die ihn so ereilen. Die Wahrscheinlichkeit ist aber auch hoch: 4200 Kilometer hat er schon auf seiner Peace Bike Tour geschafft. Sie führt ihn von Kamp-Lintfort nach Abéné in den Senegal. Bis dahin wird der 68-Jährige 6400 Kilometer in den Waden haben. Und hoffentlich nicht noch eine Felge geschrottet. Die dritte hat er jetzt in Benutzung. Er sieht es ja ein: „Es ist zu viel Gepäck, zu viel Gewicht. Ersatzteile, Wäsche, das Zelt, Werkzeug. Aber es fällt mir schwer, mich zu trennen.“ Sein Reisepartner, der Schweizer Dieter Sehburg, würde die Hälfte des Gepäcks des Kamp-Lintforters „vermüllen“. Da ist er sicher.

Wir erwischen Roller am Donnerstagabend in dem kleinen Ort Akhfenir in Marokko am Telefon. Gesundheitlich geht es gut: „Kleinigkeiten. Ein bisschen erkältet. Aber nichts, was uns abgehalten hätte.“ Zwischen 110 und 130 Kilometern legt das Duo am Tag zurück. „Wenn es über die Berge geht, etwas weniger.“ Vor den Pyrenäen, so sagt er, habe er Respekt gehabt. Doch das ging. „Aber wir hatten einen Tag im Atlasgebirge, das war echt heftig.“

Weitere aktuelle Nachrichten aus Moers, Kamp-Lintfort und Neukirchen-Vluyn:

Da nützt es nur bedingt, dass sein Fahrrad mit Motorunterstützung fährt. Obwohl Roller des Lobes voll ist über sein neues Rad. Denn das musste her, als sein altes direkt nach dem Start am 1. November den Geist aufgegeben hatte. Die Kamp-Lintforter Firma Behringer sorgte mit einem guten Markenrad für Ersatz, sodass die Reise zwei Tage später von Heinsberg aus weiter gehen konnte. Mit zwei Akkus ausgestattet, müssen die Friedensradler noch nicht mal besonders sparsam mit der Unterstützung umgehen.

Der Abschied von seinem Gastgeber am Morgen habe ihn berührt, so Roller: „Das war so menschlich. Die Marokkaner sind so liebenswürdig“, findet der Kamp-Lintforter. Das Radler-Duo errege auch durchaus Aufmerksamkeit. Die Leute winken, die Autos hupen. „Es gibt eine hohe Bereitschaft, sehr gastfreundlich zu sein“, hat der Pfarrer erfahren. Das mit der Sprache sei nicht ganz einfach. „Ich spreche kein Arabisch, die Marokkaner sprechen nicht alle Französisch oder Englisch. Aber als letzte Sprache gibt es ja die Musik. Das geht immer.“ Der Kamp-Lintforter fährt nämlich nicht nur viel Gepäck am Fahrrad durch die Gegend, sondern auf seinem Rücken ist stets die kleine Gitarre dabei.

Zwei Tage Pause und dann geht es ab in die Wüste

Weihnachten werden die beiden Freunde in Layounne in der Westsahara verbringen und tatsächlich zwei Tage Pause machen. Pläne? „Wir werden sehen. Bestimmt werden wir lecker essen gehen und schauen wie die anderen feiern. Wir sind offen für das, was kommt.“ Selbst wenn Marokko islamisch geprägt ist, „Spaß an der Deko und dem kommerziellen Touch dieses Festes haben die Leute schon“, sagt Roller.

Abenteuer in der Wüste.
Abenteuer in der Wüste. © Moers | Christoph Roller

Wenn es am 25. Dezember dann weitergeht, dann wartet schon die nächste Herausforderung: „Wir werden wohl zum ersten Mal unsere Zelte benutzen müssen und sie in der Wüste zum Übernachten aufschlagen.“ Nicht ganz ungefährlich, wie Roller weiß. Schon so schleppen sie ihre Räder samt Gepäck auch schon mal in die dritte Etage ihrer Unterkunft, damit nichts wegkommt.

Ein kleines Fischerdorf am Atlantik - aber ohne Strom

Das Ziel haben die beiden jedenfalls schon fest vor Augen. Und Roller weiß, was ihn dort erwartet: „Ich bin schon öfter dagewesen und bin mit einigen Menschen befreundet.“ Dort hat er Trommelkurse belegt, die Djembe zu spielen gelernt. Es ist ein kleines Fischerdorf am Atlantik. Zu Silvester soll es ein internationales Musikfestival geben mit einer „sehr netten Atmosphäre“. Strom gebe es dort allerdings nicht. Und genau da will Christoph Roller erstmal Urlaub machen. Wie lange, weiß er noch nicht. Und auch über seinen Rückweg hat er noch nicht entschieden. „Kann sein, dass wir fliegen. Das ist aber mit Pedelecs schwierig wegen der Akkus, die die Fluggesellschaften nicht mitnehmen.“ Andere Idee: mit Bus und Bahn auf dem Landweg zurück. Die ganze Strecke nochmal zu machen, scheint wohl eher keine Option. Hier ist übrigens auch die abgefahrene Idee entstanden, die Mammut-Tour zu wagen. Da habe er zu einem Freund gesagt, dass das mit dem Fliegen in Zeiten des Klimawandels wohl nicht so angezeigt sei: „Da muss ich wohl mit dem Rad kommen.“

Frühstück mit Freunden.
Frühstück mit Freunden. © Privat Christoph Roller | Christoph Roller

Daheim in Kamp-Lintfort wird Christoph Roller sicher vermisst. „Ich wäre auch gerne dabei.“ Sicher sei seine 92-jährige Mutter auch ein bisschen in Sorge, aber sie sei wissbegierig und freue sich immer über Nachrichten. „Die ganze Familie fiebert mit.“ Auch seine Ehefrau lese gerne Bücher über solche Abenteuer. Aber auf so direktem Wege Nachrichten aus fernen Ländern zu bekommen - hätte sie wohl nicht unbedingt haben müssen.

Ziemlich viel Gegend.
Ziemlich viel Gegend. © Privat Christoph Roller | Christoph Roller

Also noch ein paar Infos aus erster Hand: Es ist Winter, die Sonne scheint, Temperaturen zwischen 17 und 20 Grad. „Vielleicht probieren wir es auch, im Atlantik zu baden“, überlegt der Pfarrer. Abends kann man gut draußen sitzen. Und: „Es ist gerade Erntezeit. Alles frisch. So toll und delikat. Wir werden richtig verwöhnt“, findet Roller.