Kreis Wesel. Die geplanten Kürzungen der Ampelregierung im Freiwilligebereich hätten gravierende Folgen im Kreis Wesel. Was Verbände und Vereine dazu sagen.

Sie arbeiten in Wohlfahrtsverbänden, betreuen Kinder in Sportvereinen, unterstützen Menschen mit Beeinträchtigungen, setzen sich für den Naturschutz ein, helfen bei der Umweltpflege oder bei der Integration. Der Beitrag junger Menschen, die sich als Bundesfreiwillige (Bufdi) oder in einem Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) für das Allgemeinwohl einsetzen, hat für die Gesellschaft einen großen Wert. Den die Ampelregierung nun reduzieren will, indem sie ab 2024 die Zuschüsse kürzt. Die Auswirkungen für Sozial- und Umweltverbände oder Sportvereine könnten fatal sein. Auch im Kreis Wesel. Finanziell ohnehin nicht auf Rosen gebettet, fehlt ihnen schlicht und ergreifend Arbeitskraft, die in vielen Fällen dringend benötigt wird.

„Die BFDler unterstützen uns bei der täglichen Arbeit, sie leisten Hilfstätigkeiten. Wenn sie nicht mehr da sind, können diese Tätigkeiten, wie zum Beispiel administrative Arbeiten des Vereins, Unterstützung beim Sportangebot in den Vereinen und Ogatas (offener Ganztag, Anm. d. Red.), Planungen von sportlichen Events, Sportgeräte-Verleih, etc. nicht durchgeführt werden und bleiben an den ohnehin schon überlasteten und wenigen Ehrenamtlichen hängen“, sagt etwa der Vorsitzende des Kreissportbundes, Gustav Hensel, auf Nachfrage. Gerade nach Corona seien viele Engagierte weggebrochen, so dass eher eine Stärkung der Freiwilligendienste angebracht wäre, so Hensel.

Ampel will Freiwilligendiensten das Geld kürzen: Was Vereine im Kreis Wesel dazu sagen

Auch bei der Kreisgruppe Wesel des Naturschutzbundes (Nabu) ist man auf Bufdis angewiesen. „Einen Segen“, nennt Nabu-Vorsitzender Peter Malzbender die Helferinnen und Helfer, die sich jedes Jahr einbringen. „Bei der Biotoppflege an der Schillkaserne brauchen wir zum Beispiel jede helfende Hand“, so Malzbender. Zwar habe man rund 10.000 Mitglieder, aber Geld, um weitere Helfer zu bezahlen, habe man nicht. Eigentlich bräuchte man einen zweiten Bufdi, sagt Malzbender. Insofern sei die Ankündigung der Ampel „eine Katastrophe“. Sollten die Kürzungen tatsächlich kommen, hofft der Nabu auf private Spenden. Einfach werde das aber nicht, sagt Peter Malzbender. „Sie kriegen eher ein bisschen Geld zur Rettung von Eichhörnchen als für so etwas.“

Für die Biologische Station im Kreis wäre eine Kürzung ebenfalls „ein wesentlicher Einschnitt“, wie Sprecher Thomas Traill erklärt. „Es wäre zwar keineswegs das Ende unserer Pflegeanstrengungen und wir würden auch weiterhin Freiwillige beschäftigen, sofern die Vereinbarungen vom zuständigen Bundesamt genehmigt würden“, so Traill. Man müsse aber bereits jetzt eine Menge „Baustellen“ in der Landschaft liegenlassen „und dieses Problem würde dadurch nur verschärft“.

Die Verbände und Vereine könnten dadurch in die Situation geraten, dass sie bestimmte Angebote streichen müssen. Das liegt daran, dass die Teilnehmenden des Bundesfreiwilligendienstes oder des Freiwilligen Sozialen Jahres vielmehr in die Arbeitsabläufe integriert werden, als es von außen scheint. „Sie werden in die Gesamtstruktur eingebunden“, sagt der Geschäftsführer des Paritätischen und derzeitige Sprecher der AG Wohlfahrtspflege im Kreis Wesel, Andreas Fateh.

Werde gerade in diesem Bereich gekürzt, nehme man den Trägern außerdem eine weitere Möglichkeit, Nachwuchskräfte zu rekrutieren und so den Fachkräftemangel zumindest etwas zu kompensieren, so Fateh weiter, der die gesamte Entwicklung „nicht nachvollziehbar“ nennt. Deshalb habe man die Bundestagsabgeordneten im Kreis Wesel angeschrieben, um die Meinung in Berlin zu ändern, sagt der Geschäftsführer des Paritätischen.

In der Hauptstadt wird der Freiwilligendienst ohnehin noch einmal Thema werden, dank einer Petition mit dem Titel „Freiwilligendienst stärken!“, die mittlerweile mehr als 100.000 Menschen unterschrieben haben. „Dies macht die große gesellschaftliche Erwartung deutlich, dass Freiwilligendienste eine Stärkung statt einer Mittelkürzung erfahren müssen“, schreibt der Kreissportbund.

>>>Kürzungen sind schlecht für das soziale Gefüge<<<
Generell sei die Aufstellung des Bundeshaushaltes schlecht für das soziale Gefüge, sagt Andreas Fateh. Die Freiwilligendienste seien schließlich nicht die einzige Positionen im Sozialbereich, die gekürzt werden sollen. So sollen die Mittel für die Jobcenter und für die Migrationsberatung gekürzt werden. „Wir leben aktuell in einer krisenbehafteten Zeit, die dazu führt, dass ohnehin problembehaftete Menschen noch größere Probleme bekommen“, sagt Andreas Fateh. Wenn jetzt noch mehr gekürzt werde, „führt das in bestimmten Gesellschaftsbereichen zu noch größerem Druck“.