Kreis Wesel. Weil der Ministerpräsident seine Hilfe im Streit um Kiesabbau verweigert, bereiten Kommunen und Kreis Wesel die Klage gegen den Regionalplan vor.
Im Dauerstreit um den Regionalplan und die darin vorgesehenen Kiesabbauflächen scheint es kaum noch Chancen auf eine Einigung zu geben. Die Bürgermeister der betroffenen Städte im Kreis Wesel und Landrat Ingo Brohl kündigten in einer Pressekonferenz am Freitag in Kamp-Lintfort an, bereits jetzt alles für eine Klage in die Wege zu leiten, falls der Regionalplan Rechtskraft erlangt und es bei 850 Hektar neuer Auskiesungsfläche bleibt. Politische Beschlüsse in der kommenden Sitzungsperiode inklusive. Anlass ist ein Brief von Hendrik Wüst.
Den NRW-Ministerpräsidenten hatten die Bürgermeister und der Landrat Anfang Mai eindringlich gebeten, doch noch auf eine Ausgliederung des Kieskomplexes aus dem Regionalplan hinzuwirken, um eine Klage vor dem Oberverwaltungsgericht Münster zu verhindern. Dem erteilt Hendrik Wüst nun, rund drei Monate später, mit knappen Worten eine Absage und verweist auf Wirtschaftsministerin Mona Neubaur, die sich ebenfalls gegen einen Teilplan Kies ausgesprochen hatte. Gleichzeitig spricht er die geplante Änderung des Landesentwicklungsplans an, in dem die Voraussetzungen für einen Degressionspfad für den Kiesabbau geschaffen werden sollen. Diese Voraussetzungen dürften aber erst vorliegen, wenn der Regionalplan bereits rechtskräftig ist.
Kiesabbau: Bürgermeister wirft Hendrik Wüst leere Versprechungen vor
Für Kamp-Lintforts Bürgermeister Christoph Landscheidt ist Wüsts Antwort der Beweis, dass die Ankündigung eines Degressionspfades „nicht mehr ist als eine bloße Worthülse und eine leere Versprechung“. Sein Neukirchen-Vluyner Amtskollege unterstrich am Freitag, dass man nun kaum eine andere Wahl habe: „Damit zwingt uns die Landesregierung geradezu zur Klage“, sagte Ralf Köpke. Die politischen Mandate dafür seien in den Stadt- und Gemeinderäten „nach wie vor sehr stabil“, ergänzte der Bürgermeister von Rheinberg, Dietmar Heyde, selbstbewusst.
Vorab sind noch einige rechtliche Fragen zu klären. Unter anderem, ob die Städte, der Kreis und die Gemeinden überhaupt gemeinsam gegen den Regionalplan klagen können oder jede Kommune nur fallbezogen vor Gericht ziehen kann. So wollen Kreis und Kommunen vorbereitet sein, sobald der Regionalplanentwurf offiziell wird. Erst dann steht der Klageweg offen.
Mangelnde Hilfe aus Düsseldorf: Landrat arbeitet dennoch an außergerichtlicher Lösung
Man tue das nicht gerne, sagte Ralf Köpke, „vor allem mit Blick auf die Ruhrgebietsstädte, die schon lange auf eine gesicherte Planung warten“. Allerdings müsse man auch zeigen, dass man nicht nur ein Randgebiet des RVR sei. Trotz aller Bereitschaft kündigte Landrat Ingo Brohl an, weiterhin „alles zu tun, um eine Lösung außerhalb einer Klage zu finden“. Er befinde sich deshalb weiterhin im Gespräch mit der Staatskanzlei.
Für den Landrat dürfte der Antrieb für eine außergerichtliche Lösung am größten sein. Erlangt der Regionalplan Rechtskraft, ist der Kreis Wesel verpflichtet, ihn auf Genehmigungsverfahren anzuwenden, auch wenn er selbst damit nicht einverstanden ist. „Das wird juristisch noch richtig spannend“, sagte Christoph Landscheidt Freitag mit Blick auf Ingo Brohl: „Wenn eine Behörde einen Plan anwenden muss, den sie selbst beklagt.“
Noch ist es nicht soweit. Dennoch: Die Möglichkeit einer Klage ist derzeit deutlich größer als die Chance auf eine Einigung.