Kreis Wesel. Bürgermeister und Landrat im Kreis Wesel fühlen sich durch einen weiteren RVR-Vorstoß brüskiert und untermauern ihren Willen zur Klage.

Die Zeitschleife in Sachen Kies dreht sich weiter. Abermals sitzen sie zusammen vor der Presse, wenn auch nicht in kompletter Besetzung. Abermals kritisieren sie das Vorgehen des Regionalverbands (RVR) beim Regionalplan Ruhr, tadeln die zögerliche Haltung der Landesregierung und fordern einen Teilplan Kies. Zum wiederholten Male wiederholen Landrat Ingo Brohl und die Bürgermeister der von Kiesabbau betroffenen und von weiterem Flächenfraß bedrohten Kommunen ihren Willen zur Klage, sollte der Regionalplan so durchgepeitscht werden, wie es in Essen geplant ist.

Hintergrund ist der Vorstoß des RVR, auf die Erörterungstermine mit Städten und Gemeinden zu den Stellungnahmen im Rahmen der dritten Offenlage zu verzichten. Die eingesparte Zeit möchte er nutzen, um den Regionalplan schneller zur Beschlussreife zu bringen.

Kiespläne im Regionalplan: Kreis und Kommunen schreiben Brandbrief an die RVR-Politik

„Ein Affront“, sagen Landrat Ingo Brohl und die Bürgermeister aus Kamp-Lintfort, Alpen, Rheinberg und Hünxe, Christoph Landscheidt, Thomas Ahls, Dietmar Heyde und Dirk Buschmann am Freitag im Kamp-Lintforter Rathaus, auch stellvertretend für die Amtskollegen aus Hamminkeln und Neukirchen-Vluyn, Bernd Romanski und Ralf Köpke, die nicht dabei sein können. Zwar habe der RVR die rechtliche Grundlage dazu. „Aber auf diese saloppe Art, wie er es durchsetzen möchte, kann man mit Gebietskörperschaften nicht umgehen“, sagt Christoph Landscheidt.

Ein Teilplan Kies sei immer noch machbar, so Landscheidt. Auch hinsichtlich des Wind-An-Land-Gesetzes, das mehr Fläche für Windenergielagen freimachen soll. Kies und Windkraft stehen im Kreis Wesel im Widerstreit, finden sie. Das Wirtschaftsministerium haben sie bereits im März angeschrieben - zweimal. Eine Antwort mit einer weiteren Ablehnung eines Teilplans kam am gestrigen Freitag. Das Antwortschreiben aus Düsseldorf sei „dünn“, so Brohl. Ein Brief an Ministerpräsident Hendrik Wüst von Anfang Mai blieb bislang unbeantwortet. Und so richtig scheinen sie auch nicht mehr mit einer Antwort zu rechnen. „Die Beharrlichkeit, mit der man uns brüskiert“, sagt Thomas Ahls, sei erstaunlich.

Zuletzt haben sie einen Brandbrief an sämtliche RVR-Fraktionen und Gruppen geschrieben. Die Verbandsversammlung soll am 16. Juni darüber entscheiden, ob die Erörterungen stattfinden sollen oder nicht. Reibungslos ging der RVR-Beschlussvorschlag nicht durch die Gremien. Sowohl im Planungs- als auch im Verbandsausschuss hatten die RVR-Grünen Beratungsbedarf angemeldet.

Eine Klage gegen den Regionalplan taucht derweil immer konkreter am Horizont auf. Erste Mängel mit möglicher rechtlicher Relevanz habe das Gutachten des Münsteraner Verwaltungsrechtlers Martin Beckmann bereits aufgezeigt, sagt Christoph Landscheidt. Eine aufschiebende Wirkung habe die Klage nicht, so Landscheidt weiter. Das bedeutet, dass der Regionalplan auch in Kraft tritt, wenn die Klage vor dem OVG Münster läuft. Damit könnten Kiesunternehmen Anträge für jene Kiesflächen stellen, die Kern der Gerichtsverhandlung wären. Genehmigungsbehörde wäre der Kreis. Und wenn es keine rechtlichen Beanstandungen gebe, seien ihm schlimmstenfalls die Hände gebunden, sagt Ingo Brohl. Allerdings könnten dann die betroffenen Kommunen immer noch gegen die einzelnen Abbaumaßnahmen klagen, ergänzt Landscheidt.

Das Frustpotenzial zwischen all den Diskussionen und Brandbriefen scheint groß, doch Landrat und Bürgermeister geben sich weiter kämpferisch und spüren die Bevölkerung hinter sich. Die Geschlossenheit sei essenziell. Brohl mahnt aber weiter zur Sachlichkeit. Was schwierig sei, wenn man sich immer nur auf einer Einbahnstraße befinde, die in Richtung Konfrontation laufe, so Thomas Ahls. Es sei schon erstaunlich, „wie alle Argumente abgebügelt werden“, sagt Christoph Landscheidt.

Fortsetzung folgt - mit Sicherheit.

>>>Diskussion an einem Tisch? Nur ergebnisoffen!<<<

Die Chance, dass sich alle Parteien - Kreis, Kommunen, Wirtschaftsministerium, RVR und Kiesunternehmen - gemeinsam an einen Tisch setzen, scheint gering. Landrat Ingo Brohl würde es aber nicht ausschließen. Allerdings nur unter einer Bedingung: „Ergebnisoffen“ müsse die Diskussion sein, so Brohl.

Die Bereitschaft an einer weiteren gemeinsamen Erörterung scheint beim Wirtschaftsministerium laut Thomas Ahls allerdings nicht besonders groß. Im Gespräch mit ihm und Dietmar Heyde habe Ministerin Neubaur zwar gesagt, dass man sich zusammensetzen könne, dadurch aber nichts gewonnen sei.