Kreis Wesel. Vor allem für alte und kranke Menschen ist die Hitze lebensgefährlich. Der VdK kritisiert den Kreis Wesel beim Thema Hitzeaktionsplan.

Der Klimawandel kostet Leben: Im vergangenen Jahr sind nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts rund 4500 Menschen an Hitze gestorben, einer im Deutschen Ärzteblatt veröffentlichen Studie nach wurden im Jahr 2018 rund 8700, im Jahr darauf 6900 Opfer der hohen Temperaturen. Die Zahlen sind bundesweit, die Gefahr aber auch regional präsent. Horst Vöge, VdK-Vorsitzender am Niederrhein, fragte wiederholt den Kreis Wesel, ob es bereits Hitzeschutzpläne gibt oder welche in Planung seien. Die Antwort von Kreisdirektor Ralf Berensmeier auf seine jüngste Anfrage kommentiert er kritisch. „Hier wird mit Tippelschritten vorgegangen, wir brauchen aber Sieben-Meilen-Stiefel.“

Vor allem ältere Menschen sind bedroht und solche die Vorerkrankungen haben, aber auch Kinder, Schwangere, obdachlose Menschen und solche, die im Freien arbeiten. Kreisdirektor Berensmeier hatte in seiner Antwort geschrieben, dass ihm der Schutz der Menschen sehr wichtig sei. „Der Kreis Wesel informiert daher über die Fachstelle Kreiskommunikation auf Basis der Wetterdaten, die über den Deutschen Wetterdienst bezogen werden, zu Verhaltensmaßnahmen in Hitzeperioden.“ Ergänzend erarbeite der Kreis aktuell eine Informationsreihe zu vier Schwerpunkten aus dem Themenkomplex Hitze, „die über die bekannten Medien in den Sommermonaten veröffentlicht werden soll“.

Vöge stellt das nicht zufrieden, „obdachlose oder ältere Menschen haben häufig kein Handy, um sich zu informieren“, sagt er. In Krankenhäusern und Pflegeheimen gehe es nicht darum, einen Ventilator auf die Zimmer zu stellen, umfassende Hitzeaktionspläne seien hier erforderlich – und der Kreis am Zuge. Berensmeier erläutert, was bereits geschehe: „Im Rahmen der Heim- und Krankenhausbegehungen der Heimaufsicht und des Gesundheitsamtes des Kreises Wesel wird zu Verhaltensweisen in der Pflege sowie zur sachgerechten Lagerunge und Verwendung von Medikamenten in diesen extremen Wetterphasen beraten.“ Zudem habe das Land NRW eine „Koordinierungsstelle Gesundheitsbezogener Hitzeschutz“ gegründet, die Muster-Hitzeschutzpläne für Krankenhäuser und stationäre Pflege- wie Wohneinrichtungen erarbeite. Der Kreis Wesel wolle die Ergebnisse in seine Beratung der Einrichtungen einbeziehen, sobald sie vorliegen.

Klimawandel hat eine hohe politische Relevanz, sagt der VdK-Vorsitzende

Für den VdK-Vorsitzenden kommt das alles sehr spät. Auch die Aussage des Kreises, dass mit seinen beratenden und informierenden Angeboten erste Schritte zum Schutz der Menschen bei extremer Hitze erfolgt seien, die man kontinuierlich weiterführen wolle, überzeuge ihn nicht. „Wir haben schon drei Sommer starke Hitzeperioden hinter uns, der Klimawandel hat eine hohe politische Relevanz.“ Und zwar nicht lediglich bei den Themen Naturschutz, Verkehr, Landwirtschaft oder Heizung, sondern auch beim Schutz gefährdeter Menschen, und das seit Jahren schon. „Die Landesgesundheitskonferenz NRW hat 2022 in einer Erklärung die Notwendigkeit zur Entwicklung kommunaler Hitzepläne thematisiert“, erläutert er und sieht dringenden Handlungsbedarf. „Wir vertreten die Interessen derjenigen Bevölkerungsgruppen, die den Folgen des Klimawandels besonders ausgesetzt sind.“

Gesundheitsamt laut Kreis Wesel in der Pandemie voll ausgelastet

Schon im vergangenen Jahr hatte der VdK Landrat Ingo Brohl in gleicher Sache angeschrieben und auf Empfehlungen einer Bund/Länder-Arbeitsgruppe „Gesundheitliche Anpassung an die Folgen des Klimawandels“ und Hinweise der Weltgesundheitsorganisation verwiesen. Für den städteplanerischen Bereich seien die Kommunen zuständig, der Kreis sehe seine eigene Aufgabe im Gesundheitssektor, hieß es daraufhin auf Nachfrage. Wegen der Pandemie habe es im Gesundheitsamt aber keine Kapazitäten gegeben. „Der Kreis Wesel plant, vor dem Hintergrund des dynamisch fortschreitenden Klimawandels, eine Überprüfung möglicher Themen in seinem Zuständigkeitsbereich, um diese dann aktiver aufzugreifen“, hieß es seinerzeit. Zu viel mehr ist es offenbar nicht gekommen.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat sich jüngst für Hitzeschutzpläne in Kommunen, Pflegeheimen und Krankenhäusern ausgesprochen, und einen nationalen Hitzeschutzplan für Deutschland angekündigt. „Es muss aufhören, dass jedes Jahr tausende Menschen den Hitzetod sterben“, so Lauterbach. Horst Vöge sieht das genauso und urteilt hart: „Ich meine bei diesem Thema eine gewisse intellektuelle Überforderung beim Kreis Wesel festzustellen.“