Kreis Wesel. Noch funktionieren elektronische Krankmeldung und E-Rezept nicht überall. Der Ärzte-Sprecher im Kreis Wesel über aktuelle Herausforderungen.

Elektronische Krankmeldung und E-Rezept sollen seit diesem Jahr für mehr Digitalisierung im Gesundheitssektor sorgen, doch noch nicht überall funktioniert das reibungslos: Er hoffe, dass es irgendwann eine Erleichterung bringe, „im Moment erschwert es das Arbeiten noch“, sagt Dr. Reinhardt Spicker, HNO-Arzt in Moers und neuer Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein im Kreisgebiet. Weil einige Arbeitgeber die Krankmeldung digital noch nicht abrufen könnten, müssten trotzdem Ausdrucke gemacht werden. Er habe noch nie so viel Papierkram gehabt wie seit Einführung der E-AU, so der Mediziner.

Kreis Wesel: Großteil der Hausärzte ist über 55 Jahre alt

Dr. Spicker folgt als Vorsitzender auf Dr. Franz-Joachim Weyers, Allgemeinmediziner in Wesel, der dieses Amt während der Pandemie zwischen 2021 und 2023 inne hatte. Bis diese Position neu besetzt wurde, hat es gedauert – aus bekannten Gründen, es fehlt an Fachkräften und Kapazitäten, die Aufgaben für die Mediziner werden auch nach der Corona-Pandemie nicht weniger. Dabei betont Dr. Spicker die Bedeutung der Praxen: „Alles redet über die Krankenhausreform, die Mehrzahl der Patientinnen und Patienten wird aber im ambulanten System versorgt.“

Dr. Reinhard Spicker ist neuer Vorsitzender der Kassenärzte im Kreis Wesel.
Dr. Reinhard Spicker ist neuer Vorsitzender der Kassenärzte im Kreis Wesel. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Das Problem mit den Nachwuchssorgen haben der Gesundheitssektor und der Kreis Wesel nicht exklusiv, dennoch werden Patientinnen und Patienten die Folgen zu spüren bekommen: „Die Baby-Boomer gehen in Rente. Dann haben wir ein Problem, denn in der Medizin wird aufgrund der älteren Menschen der Bedarf an Behandlungen steigen.“ Dr. Spicker rechnet vor: Derzeit sind 164 von 271 Hausärzten im Kreis älter als 55 Jahre – das macht 61 Prozent aus. Wie berichtet, befindet sich der Bereich Xanten 75 Prozent an der gesetzlichen Grenze zur Unterversorgung.

Mangel bei Medikamenten kostet Ärzte Geld, Nerven und Zeit

„Wir müssen einfach mehr ausbilden“, sagt Dr. Spicker, der zudem veränderte Strukturen sieht: Weniger Selbstständige und Vollzeitstellen, mehr Zusammenschlüsse, das ist grad für den ländlichen Bereich eine Herausforderung. „Man muss Strukturen anpassen“, so der Mediziner. Mit Blick auf das Personal sieht er Kliniken und Arztpraxen in Konkurrenz zueinander. Zudem gebe es unterschiedliche Voraussetzung je nach Bundesland. Ländlichere Regionen wie der Kreis Wesel müssen aus Sicht von Dr. Spicker für junge Menschen und Familien attraktiver zu werden, allem voran durch mehr Kita-Plätze, findet der Mediziner.

Bei gesundheitlichen Herausforderungen nennt er die Folgen der Corona-Pandemie, vor allem den Entzug der Reize bei den Kindern, was sich auf das Immunsystem ausgewirkt habe. Aber auch bei Erwachsenen begegneten ihm die Folgen: langanhaltende Verschleimung, der fehlende Geruchssinn, die mangelnde Belastbarkeit. Es gelte abzuwarten, was die Forschung zeige. Ein weiteres großes Problem sei nach wie vor die schwierige Medikamentenversorgung, „das kostet Geld, Nerven und Zeit“.