Herne-Horsthausen. Die aktuellen Zustände rund um das geräumte Problemhaus treibt viele Anwohner auf die Barrikaden. Im Hof des Gebäudes türmt sich der Müll, im Umfeld sind immer mehr Häuser von Kakerlaken befallen. Erste Anwohner verlassen bereits ihre Wohnungen. Jetzt fordern die Bürger die Stadt zum Handeln auf.

Anwohner rund um das „Problemhaus“ an der Horsthauser Straße/Ecke Lützowstraße schlagen Alarm. Immer mehr Häuser und Garagen im Umfeld des Mitte August von der Stadt für unbewohnbar erklärten und geräumten Gebäudes sind von Kakerlaken befallen; die Bürger fürchten um ihre Gesundheit. Und: Rund um das geräumte Haus liegen seit wenigen Tagen Berge von Müll - von alten Matratzen über Möbel, Kleidung und Hygienartikel bis hin zu Altreifen. „Die Zustände sind nicht mehr hinnehmbar“, sagt nicht nur Sabine Umbach, Anwohnerin der Lützowstraße.

Vor einer Woche hat bereits ein unmittelbarer Anwohner des Problemhauses über den Kakerlakenbefall in seiner Wohnung geklagt. Bei einem für Samstagmorgen von Umbach organisierten Treffen berichteten zahlreiche weitere Nachbarn der WAZ davon, dass inzwischen auch ihre Wohnungen befallen seien. Und immer wieder steht die Frage im Raum: Warum tut die Stadt nichts?

Fäkalien und Lebensmittelreste

Aus Sorge um die 15 Monate alte Tochter hatte ein Paar (Name der Redaktion bekannt) seine von Kakerlaken befallene Wohnung an der Lützowstraße zwischenzeitlich verlassen und war für einige Tage zu Familienangehörigen nach Wattenscheid gezogen. Der Kammerjäger war bereits da, zwei weitere Termine sind angesetzt. Auch ein Anwalt wurde eingeschaltet. Kosten von 1000 Euro seien bereits aufgelaufen, sagt der junge Vater. Bei der Stadt seien sie bereits vorstellig geworden. „Das Ordnungsamt hat uns zum Gesundheitsamt geschickt.“ Dort habe man ihnen nicht helfen können. „Man fühlt sich nicht ernst genommen“, bringt eine Anwohnerin die Stimmung auf den Punkt.

Dabei schien das Schlimmste vor acht Wochen überstanden: Nach monatelangen Belästigungen – Ruhestörungen, Müll, Vandalismus – hatte die Stadt das von Rumänen bewohnte Haus mit Feuerwehr und Polizei kontrolliert und es anschließend für unbewohnbar erklärt. Der Eigentümer des Hauses ließ sich vor knapp zwei Wochen von Entsorgung Herne einen Container in die Einfahrt stellen. Nach Angaben von Anwohnern haben zwei junge Männer Mitte der vergangenen Woche begonnen, das alte Mobiliar und den Müll aus dem Haus zu räumen. Da der Container schnell voll war, türmt sich der Unrat nun hinter dem maroden Gebäude. Zumindest die Wohnungen im Erdgeschoss sind noch nicht geräumt.

Die Anwohner werfen der Stadt vor, bisher nicht veranlasst zu haben, dass der Kakerlaken-Herd im Haus beseitigt wird. Ein Kammerjäger sei im Haus noch nicht im Einsatz gewesen. Wie berichtet, war nach der Kontrolle im August von „bedenklichen hygienischen Zuständen“ die Rede gewesen. Im Haus seien neben Müll und Lebensmittelresten auch Fäkalien gefunden worden.

„Ekel-Faktor größer als Gesundheits-Faktor“

Die Stadt hatte Ende September auf WAZ-Anfrage zum Kakerlakenproblem in Horsthausen erklärt, dass sie keine ordnungsrechtliche Mittel sehe, um einzugreifen. Es sei keine „Gefahr im Verzug“. „Bei Kakerlaken ist der Ekel-Faktor größer als der Gesundheits-Faktor“, so hieß es. Die betroffenen Anwohner sehen das etwas anders.

Der Hauseigentümer ist nach Leerzug des Gebäudes am 21. August von der Stadt unter anderem dazu aufgefordert worden, „Haus und Grundstück von Müll und Ungeziefer zu befreien“. Das berichtete die Stadt der WAZ ebenfalls Ende September. Von einer zeitlichen Frist war damals nicht die Rede.

Vor einer Neuvermietung der Wohnungen müsse der Eigentümer eine Reihe von Mängeln durch zertifizierte Unternehmen beseitigen lassen und die Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit nachweisen, berichtete die Stadt.