Anbieter wirft Transporteur Schikane vor. Der weist die Vorwürfe "mit aller Schärfe" zurück. Mittendrin: ein Kunde aus Herne.
Der Wettbewerb auf dem Gasmarkt ist ein junges Pflänzchen. Angeblich wechseln nur 5% der Kunden pro Jahr den Anbieter. Weil der Markt aber ein umkämpftes Feld werden wird, auf dem viel Geld zu verdienen ist, gibt es schon heute einen Schiedsrichter: Die staatliche Bundesnetzagentur wacht darüber, dass alle Gas-Anbieter und -Tranporteure die gesetzlichen Spielregeln einhalten und der Wettbewerb im Sinne der Kunden tatsächlich stattfinden kann.
Einmal mehr werden sich die Wächter aus Bonn wohl sehr bald mit einem Fall beschäftigen müssen, der auch Kunden in Herne betrifft. Grund ist ein Streit zwischen dem Gasanbieter Goldgas aus Nürnberg und dem Netzbetreiber und Gas-Transporteur Thyssengas. Ebenfalls beteiligt, wenn auch nicht mittelbar: die Herner Stadtwerke und der Goldgas-Kunde Elmar H.
H. war vor wenigen Wochen zu den Nürnbergern gewechselt, vor Tagen bekam er einen Brief der Stadtwerke. Darin hieß es, Goldgas könne nicht liefern. Weil es aber eine gesetzlich geregelte Grundversorgung gibt, sprangen die Stadtwerke ihrem Auftrag entsprechend in die Bresche. Sie beliefern Elmar H. jetzt für maximal drei Monate mit Gas. Das wiederum ist teurer als das der Goldgas GmbH.
H. musste sich nicht lange wundern, prompt bekam er einen Brief von Goldgas. Das junge Unternehmen mit nur acht eigenen Mitarbeitern beschuldigt darin den „marktübergreifenden Netzbetreiber” Thyssengas, „unrechtmäßig Einfluss” genommen zu haben. Für August „durften wir unser Gas nicht in das Netz einleiten”, heißt es in dem Schreiben.
Goldgas-Geschäftsführer Michael Notzon bekräftigt auf WAZ-Anfrage die Aussagen. Er könne nachweisen, dass der Netzbetreiber mit mehr Wohlwollen und Geduld die für Kunden unangenehme Situation hätte vermeiden können.
Dem Goldgas-Mann zufolge hat sein Unternehmen im großen Thyssengas-Netzbereich derzeit erst 120 Kunden. Die Gasmengen, die Thyssengas transportieren sollte, seien sehr klein gewesen. Zu klein, um sie von Dritten einzukaufen. Also habe man alles versucht – einfach ausgedrückt – über Umwege Gas ins entsprechende Netz zu bringen. Das aber habe nicht funktioniert, weil Thyssengas nicht geholfen habe. Weil die Goldgas-Kunden aber bereits beliefert wurden, musste der Transporteur das entsprechende Gas aus der Regulierungsmasse nehmen. Die ist eigentlich dafür vorgesehen, Schwankungen auszugleichen. „Wir haben angeboten, das Gas im Wert von nur mehreren hundert Euro zu bezahlen und dafür eine Sicherheit zu geben”, sagt Notzon. Darauf habe sich Thyssengas nicht eingelassen und die Verträge schneller als nötig gekündigt.
Notzon vermutet: Thyssengas, über Beteiligungen mit dem RWE-Konzern verbunden, habe versucht „einem jungen und erfolgreichen Wettbewerber einen Schuss vor den Bug zu geben”. Das sei nicht zu beweisen, „ist aber mein Gefühl”, so Notzon. Goldgas will nun die Bundesnetzagentur einschalten und gegen den Netzbetreiber gerichtlich vorgehen.
Thyssengas wies gegenüber der WAZ die Darstellung mit „aller Schärfe” zurück. Richtig sei, dass die Goldgas GmbH „fortlaufend gegen unsere, der Gasnetz-Zugangsverordnung und den bundesweit gültigen Netzzugangsbedingungen entsprechenden Geschäftsbedingungen verstoßen hat.” Man habe sich daraufhin gezwungen gesehen, das vertraglich vereinbarte Kündigungsrecht auszuüben. Goldgas werde dadurch nicht generell von der Netznutzung ausgeschlossen. Thyssengas habe den Nürnbergern erneut ein Angebot gemacht.
Elmar H. findet den Streit bemerkenswert. „Ich habe den Eindruck, dass versucht wird, Wechselwilligen den Mumm zu nehmen.” Ob dem wirklich so ist, werden vermutlich Bundesnetzagentur und Gerichte zu entscheiden haben.