Herne. . Das von der Polizei in der Nacht auf den 7. Juli aufgelöste Neonazi-Konzert in Herne wirft neue Fragen auf. So traf sich “Partyscheunen“-Betreiber Otto Schön am Konzertabend auf dem Gelände mit den Mietern der Halle. Und die Herner Polizei soll nach einem Hinweis eines Anwohners den Staatsschutz nicht rechtzeitig informiert haben.

In der Nacht auf den 7. Juli rückte die „Partyscheune“ an der Juliastraße in den Fokus, als die Polizei mit einem Großaufgebot ein Neonazi-Konzert mit rund 350 Besuchern auflöste. Knapp drei Wochen nach der Beendigung der als illegal bezeichneten Rechten-Veranstaltung werfen der Einsatz der Polizei und das Verhalten des Hallen-Betreibers Otto Schön Fragen auf.

Wie berichtete, erreichte die WAZ-Redaktion Schön am Morgen nach dem Konzert telefonisch auf dessen Fahrt in den Kroatien-Urlaub. Der Herner reagierte völlig überrascht auf den Anruf und erweckte den Eindruck, dass er über den Hintergrund der Veranstaltung nichts gewusst hat. Daran gibt es inzwischen erhebliche Zweifel.

Inhaber war am Konzertabend auf dem Gelände

Ein Anwohner (Name der Redaktion bekannt) berichtet, dass er Schön am Abend des Konzerts gegen 18.30 Uhr/19 Uhr auf dem Gelände gesehen habe, wie er mit Mietern der offiziell für eine „Geburtstagsparty“ angemieteten Halle gesprochen habe. Otto Schön bestätigt dies auf neuerliche WAZ-Anfrage. Es sei aber für ihn zu diesem Zeitpunkt nicht erkennbar gewesen, dass es sich um eine Veranstaltung der rechten Szene gehandelt habe.

Dem Anwohner der „Partyscheune“ fiel dies aus einer Entfernung von 40 Metern offenbar weniger schwer: Er informierte gegen 19 Uhr über Notruf die Herner Polizei, dass in der Halle anscheinend eine rechte Veranstaltung mit „Glatzen“ stattfinde.

Einsatzleiter verärgert über späte Information

Daraus ergibt sich eine weitere Frage: Warum vergingen zwischen dem Anruf und der Auflösung des illegalen Konzerts vier Stunden? Wurde der Staatsschutz der Dortmunder Polizei, der zu dem Zeitpunkt im Ruhrgebiet fieberhaft nach dem nicht bekannten Ort des Neonazi-Konzerts suchte, nicht umgehend nach dem Notruf von den Herner Kollegen informiert? Nein, das sei nicht geschehen, sagt der Anwohner. Er beruft sich auf ein Gespräch, das er in der Nacht mit dem Einsatzleiter vor Ort geführt habe. Dieser habe sich sehr geärgert, so der Anwohner, als er ihn über den „frühen“ Notruf informiert habe.

Dortmunds Polizeisprecher Wolfgang Wieland bestätigt dies nicht. Der Notruf sei von den Herner Kollegen weitergegeben worden. Zu welcher Uhrzeit, will er der WAZ nicht sagen. Man habe vor dem Zugriff zunächst Kräfte zusammenziehen und die Lage vor Ort erkunden müssen, so Wieland.

Zurück zu Otto Schön: Der erklärt auf Nachfrage, dass er die Verträge mit Mietern der „Partyscheune“ dergestalt ändern wolle, dass solche Veranstaltungen künftig nicht mehr möglich sind.

Buttersäure-Anschläge

Durch das Neonazi-Konzert machte die „Partyscheune“ Schlagzeilen. In den Blick von Behörden und Polizei geriet die Halle aber schon zuvor. Zum einen durch Vorwürfe von unmittelbaren Anwohnern, die über erhebliche Belästigungen klagen. Zum anderen durch nächtliche Anschläge.

Die Polizei bestätigte auf WAZ-Anfrage zwei entsprechende Vorfälle. So habe es im vergangenen Jahr in der Nacht auf den 10. August sowie jüngst in der Nacht auf den 5. Juli Buttersäure-Anschläge auf die „Partyscheune“ gegeben, so Polizeisprecher Volker Schütte. Die Täter konnten nicht ermittelt werden.

Trotz Anwohnerklage sieht Polizei keine Auffälligkeiten

Ein unmittelbarer Anwohner (Name der Redaktion bekannt) der „Partyscheune“ hat derweil beim Verwaltungsgericht Klage gegen die Stadt erhoben. Das Ziel: Die zum im Dezember 2012 erteilte Baugenehmigung für die Erweiterung der seit 1990 als Veranstaltungshalle genutzte „Partyscheune“ soll aufgehoben werden.

Die Straße sei zum „Katastrophengebiet“ geworden, erklären der Kläger und weitere Anwohner. Zwei von vielen Vorwürfen: Die Betriebszeiten (freitags und samstags von 18-3 Uhr) würden nicht eingehalten, die Schallimmissionen überschritten häufig die zulässige Grenze.

Aus Sicht der Polizei bestehen „keine besonderen Auffälligkeiten“. Drei Einsätze habe es 2013 bisher gegeben, so Sprecher Schütte. Die Stadt will unter Verweis aufs schwebende Verfahren zurzeit keine detaillierten Angaben zur Betriebsgenehmigung machen.